„Ich mag auch Gabriels Humor“

Berlin/Saarbrücken · Katarina Barley ist die neue SPD-Generalsekretärin. Ein Job, der nicht nur wegen der schlechten Umfragewerte herausfordernd ist. SZ-Korrespondent Werner Kolhoff sprach mit der Abgeordneten (46) aus Trier über ihre Aufgabe.

 Katarina Barley (SPD)Location:Berlin

Katarina Barley (SPD)Location:Berlin

Foto: Michael Kappeler/dpa

War der SPD-Parteitag am 11. Dezember für Sie ein schönes Ereignis?
Barley: Wir haben gute Anträge verabschiedet und fruchtbare Diskussionen geführt. Ich habe mich über mein persönliches Ergebnis sehr gefreut. Aber natürlich, darauf spielen Sie an, war das Wahlergebnis für Sigmar Gabriel ein Wermutstropfen.

Ein Viertel der Delegierten stimmten gegen ihn, obwohl es keine Gegenkandidaten gab. Warum?
Barley: Da sind viele Dinge zusammengekommen. Sigmar Gabriel hat in seiner Rede zu allen Punkten, die in der Partei kritisch diskutiert werden, klar Position bezogen. Er hat sich und die Partei nicht geschont. Dann muss man damit leben, dass manche Leute Einzelfragen hochziehen und dort entlang entscheiden. So ist das in einer gelebten Demokratie.

Überkommt sie manchmal die Angst, dass die Unberechenbarkeit der Partei auch Sie in Ihrem neuen Amt einmal treffen könnte?
Barley: Angst ist ein Gefühl, das mir relativ fremd ist. Ich bin zu Helmut Kohls Zeiten in die SPD eingetreten. Ich fand dessen Führungsstil in der CDU furchtbar. Einer sagt, wo es langgeht, und alle scharen sich widerspruchslos dahinter. Ich fand an der SPD immer toll, dass wir eine streitbare Partei sind. Aber natürlich wünsche ich mir auch Geschlossenheit.

Haben Sie eher Angst vor der Unberechenbarkeit Ihres Vorsitzenden?
Barley: Ich komme mit Sigmar Gabriel gut klar. Ich mag ihn und auch die Art, wie wir miteinander sprechen. Das geht sehr direkt und schnell. Ich mag auch seinen Humor. Manchmal kommt etwas per SMS zurück, worüber ich sehr lachen kann. Ich glaube, das wird eine gute Zusammenarbeit.

Generalsekretäre sind nicht eben Feingeister. Können Sie überhaupt beißen und austeilen?
Barley: Ich glaube, das alte Bild ist so nicht mehr aktuell. Das heißt nicht, dass ich mich vor pointierten, auch hart geführten Debatten scheue. Die Zeiten der aggressiven Wadenbeißer, die jeden attackieren, der sich bewegt, sind aber eindeutig vorbei.

Ihr Kollege Scheuer von der CSU macht einen anderen Eindruck.
Barley: Die CSU hat generell eine etwas andere politische Mentalität.

Am 13. März sitzen Sie nach drei wichtigen Landtagswahlen zum ersten Mal in der Fernseh-Elefantenrunde der Generalsekretäre. Bangen Sie schon?
Barley: Nein, aber die Umfragen sind sehr eng. Mir liegt Rheinland-Pfalz sehr am Herzen, vor allem Malu Dreyer, die aus meinem Wahlkreis kommt. Es wäre gut für das Land, wenn sie als Ministerpräsidentin weitermachen könnte. Auch in Baden-Württemberg erleben wir gerade ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Nils Schmid bekommt dort meine volle Unterstützung. Gleiches gilt für Katrin Budde in Sachsen-Anhalt.

Aber das Risiko ist hoch, dass Sie zum Start Wahlniederlagen erklären müssen, weil die AfD in die Landtage gezogen ist.
Barley: Mich bedrückt in der Tat, dass die Rechten in die Landtage einziehen könnten. Mich bedrückt noch mehr, dass die Union sie sogar noch stark macht, wie die CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner es in Rheinland-Pfalz tut. Natürlich steckt strategisches Kalkül dahinter. Ich finde das absolut unverantwortlich. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sollte man sich hüten, die äußerste Rechte für eigene Zwecke einzusetzen. Im Gegenteil, wir müssen von Anfang an klare Kante gegenüber der AfD zeigen. Das erwarte ich auch von der Union.

Der Teil der Bevölkerung, der die Flüchtlinge sehr kritisch sieht, findet sich im Parlament derzeit nicht wieder. Wie gefährlich ist das?
Barley: Die allermeisten Menschen sehen die existenzielle Not der Flüchtlinge und finden es richtig, ihnen zu helfen. Viele von ihnen sagen allerdings: Wir können solche Zahlen auf Dauer in Deutschland nicht stemmen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Geschwindigkeit des Zuzuges sinkt. Denn die Kommunen, auch die ehrenamtlichen Helfer, gehen schon jetzt bis an ihre Belastungsgrenze.

Gibt es zwischen CDU und SPD in der Flüchtlingspolitik überhaupt noch Unterschiede?
Barley: In der CDU rumort es auch nach dem Parteitag weiter. Der Streit zwischen CDU und CSU ist überhaupt nicht erledigt. Die Diskussion um Obergrenzen hält an. Da haben wir einen viel klareren Kurs. Bei uns ziehen Bund, Länder und Kommunen an einem Strang.

Was ist ihr wichtigstes Ziel im neuen Job für 2016?
Barley: Mir geht es um das große Thema gesellschaftlicher Zusammenhalt, gerade jetzt. Wir müssen beisammen bleiben. Die Menschen, die wir sonst noch unterstützen müssen, dürfen jetzt nicht vergessen werden. Ob das Familien mit Kindern sind, Wohnungssuchende, Geringverdiener oder Arbeitslose.

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