„Ich habe ein Stuhl, aber keinen Sitz“

Berlin · Sein Platz mit kleinem Pult befindet sich zwischen Bundesratsbank und Bundestagspräsidium: Wenn die neue Regierung im Amt ist, wird der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus (63) der einzige im Parlament sein, der noch ein FDP-Parteibuch hat. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt Königshaus, ob sein Job dadurch schwerer wird - und was er sich mit Blick auf die Bundeswehr von einer schwarz-roten Koalition erwartet.

Herr Königshaus, ist der Schmerz abgeklungen, dass Sie der einzig verbliebene FDP-Mann im Bundestag sein werden?
Ich habe im Bundestag einen Stuhl, aber keinen Sitz. Das heißt, als ich mein Amt übernommen habe, musste ich auch mein Mandat niederlegen.

Zwar sind Sie auch aus den eigenen Reihen oft kritisiert worden, aber wird ihr Job nicht schwerer ohne eine schwarz-gelbe Regierung?
Ich nehme mein Aufgabe wahr unabhängig davon, wer gerade welche konkrete Interessenlage verfolgt oder aber regiert. Das werde ich auch weiterhin so halten. Und dass ich mein Amt fünf Jahre ausübe, der Bundestag aber nur für vier Jahre gewählt ist, betont die Neutralität und Überparteilichkeit des Wehrbeauftragten.

Was erwarten Sie von einer künftigen, schwarz-roten Koalition?
Die neue Koalition muss ihr Augenmerk auf die besonderen Belastungen der Soldaten und ihrer Familien durch die hohe Einsatzdichte richten. Auch darf sie die Folgen der Neuausrichtung der Bundeswehr nicht ignorieren, die ebenfalls mit hohen Belastungen verbunden ist. Daraus ergeben sich neue Herausforderungen, die Geld kosten könnten. Ich nenne nur das Thema Kinderbetreuung und die Vereinbarkeit von Dienst und Familie. Die Bedürfnisse der Soldatenfamilien sind in diesem Bereich noch längst nicht abgedeckt.

Das heißt, Schwarz-Rot muss die weitere Umsetzung der Neuausrichtung finanziell forcieren?
Der Verteidigungshalt soll in Höhe von etwa 32 Milliarden Euro konstant bleiben. Volker Kauder hat dort erfreulicherweise ein Stoppschild in Richtung unten gesetzt. Wahr ist aber auch: Wenn man allein die Kostenentwicklung einzelner Beschaffungsvorhaben betrachtet, oder aber die allgemeinen Preissteigerungen, dann bedeutet dies in der Substanz eine Verringerung des Etats. Dieses wird man im Verlauf der nächsten Jahre im Auge behalten müssen. Zumal die Verbesserungen bei der Ausstattung für die Auslandeinsätze teilweise zulasten des Grundbetriebes in der Heimat gegangen sind.

Die Zahl der Eingaben ist um 20 Prozent angestiegen. Worüber haben sich die Soldaten am häufigsten beschwert?
Auch die Bundeswehr hat einen großen Anteil allein erziehender Frauen vor allem im Bereich des Sanitätsdienstes. Ein großer Teil der Eingaben beschäftigt sich nicht nur, aber auch deshalb mit den Problemen der Vereinbarkeit von Dienst und Familien. Hier liegt noch einiges im Argen. Die Neuausrichtung der Bundeswehr hat überdies dazu geführt, dass die Bearbeitung von Beihilfeanträgen oder Reisekosten nur erheblich verzögert erfolgt. Das beklagen ebenfalls viele Soldaten. In Einzelfällen sind Soldaten dadurch sogar in erhebliche finanzielle Nöte geraten. Auch hier muss der Dienstherr noch stärker gegensteuern.

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