Ampel-Koalition berät weiter Die Uhr tickt - noch keine Einigung im Haushaltsstreit

Analyse | Berlin · Fünf Milliarden Euro muss die Ampel in dieser Woche noch finden für ihren Haushalt 2025. Eigentlich scheint das eine machbare Aufgabe - doch im Streit der Koalitionäre geht es längst auch um anderes. Eine Einigung ist noch nicht in Sicht. Die Uhr aber tickt.

 Da war die Welt gerade in Ordnung: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, r-l), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) verkünden im Juli ihre Einigung zum Haushalt. Nun steht einiges wieder in Frage.

Da war die Welt gerade in Ordnung: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, r-l), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) verkünden im Juli ihre Einigung zum Haushalt. Nun steht einiges wieder in Frage.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Schon wieder läuft eine Frist ab. Und schon wieder ist nicht klar, ob und wie die Ampel sie halten kann. An diesem Freitag, den 16. August, 24 Uhr, läuft die Zeitspanne ab, innerhalb derer die Regierung das Haushaltsgesetz an Bundesrat und Bundestag übermitteln kann. Anfang September ist die erste Woche der Bundestagsbefassung mit dem Haushalt geplant.

Das Kabinett müsste alle Änderungen sogar schon am Mittwoch beschließen, die Frist endet also de facto noch zwei Tage früher. Entsprechend intensiv sind die Gespräche, die Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vize Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) derzeit führen – teilweise aus dem Urlaub heraus, per Videoschalte, am Telefon.

Man redet und konferiert und hat noch keine Lösung gefunden, mit einer Einigung am Dienstag wurde nicht mehr gerechnet, auch der Mittwoch scheint noch ungewiss. Warum diese erneute Zuspitzung in der Sommerpause, nachdem man sich erst vor rund fünf Wochen mühsam verständigt hatte?

In den vergangenen Tagen war die Auseinandersetzung um den Bundeshaushalt für das kommende Jahr neu entflammt, die Koalitionspartner überzogen sich teils mit heftigen Vorwürfen, nachdem bisherige Überlegungen, die Planungslücke von 17 Milliarden Euro etwa durch Darlehen an die Deutsche Bahn und die Autobahngesellschaft zu halbieren, von zwei Gutachten infrage gestellt wurden. Teilweise seien die Pläne verfassungsrechtlich, teilweise wirtschaftlich bedenklich, hieß es aus dem Finanzministerium. FDP-Chef Lindner hatte daraufhin erneut Kürzungen, auch im Sozialen, ins Gespräch gebracht. Kanzler Scholz widersprach heftig, will an den ursprünglichen Plänen festhalten. Unterm Strich gehe es in den Verhandlungen nun noch um fünf Milliarden Euro, heißt es.

Eigentlich eine überschaubare Summe, zumal bei einem Gesamtetat von 480 Milliarden Euro. Doch die Wahrheit ist auch: Der größte Teil des Geldes im Haushalt ist durch gesetzliche Verpflichtungen gebunden, der Spielraum für eigene Prioritätensetzung gar nicht so groß. Offen ist aber auch noch der wichtige, weil milliardenschwere Wirtschaftsplan des Klimafonds KTF, der parallel fertiggestellt werden soll.

Angesichts der anhaltenden Verhandlungen erhöht nun die Union den Druck auf die Koalition. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Helge Braun (CDU), betont gegenüber unserer Redaktion: „Die Zeit drängt.“ Damit der Haushaltsausschuss seine Arbeit sinnvoll aufnehmen könne, müsse die Bundesregierung vor der Zuleitung an den Bundestag „jetzt einen seriösen Finanzierungsvorschlag für das Haushaltsloch vorlegen“.

Braun ergänzt: „Seriös heißt, keinen neuen Trick für zusätzliche Schuldenaufnahme an der Schuldenbremse vorbei zu erfinden, sondern ernsthaft die enorm hohen Ausgaben des Staates zu begrenzen.“ Zugleich erinnerte der CDU-Politiker Kanzler Scholz an seinen Amtseid. Das Bundesverfassungsgericht habe den Haushaltstricks der Ampel schon einmal eine Absage erteilt, sagte Braun. „Man muss Scholz wohl erinnern: Er und alle Minister haben in ihrem Amtseid geschworen, die Gesetze des Bundes zu wahren und zu verteidigen.“

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gab sich zu Beginn der Woche äußerst selbstkritisch: „Zum Haushalt kann man nur sagen, dass Millionen Deutsche morgens aufstehen und ihre Arbeit machen und zu Recht das Gleiche von der Regierung erwarten“, sagte der Grünen-Politiker. „Die Arbeit machen heißt nicht, öffentlich darüber zu schwadronieren, was alles nicht geht und nicht funktioniert, und das als Arbeit zu begreifen“, führte Habeck aus. „Insofern darf man wahrscheinlich sagen, dass die letzten Tage wirklich für die Füße waren.“ Künftig solle es besser laufen. „Deswegen werden wir das schon hinkriegen mit dem Haushalt.“

Auch im Willy-Brandt-Haus schaut man sehr genau auf das Gebaren der Koalitionäre. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hatte bereits am vergangenen Wochenende eine schnelle Einigung gefordert und den neu entfachten Streit als „unnötige Aufführung“ bezeichnet. Klingbeil sagte: „Klare Erwartung: Nächste Woche muss der Haushalt in der Regierung fertig werden.“ Noch ist unklar, ob das gelingt. Denn im Disput der Ampel geht es längst um mehr als nur den Etat 2025 und die grundsätzliche Ausrichtung der Finanzpolitik zwischen Sparen und Schuldenmachen. Es geht auch darum, wer Recht behält und wer einknickt. Das sind in der Politik stets die schwierigsten Verhandlungen.