Europawahl „Die Groko ist jetzt nur noch Mikro“

Berlin · Die Grünen sind der große Gewinner des Wahlabends – und andere Oppositionsparteien sind wenigstens „kleine Wahlsieger“.

 Grünen-Chefin Annalena Baerbock (links) und Fraktionschefin Katrin Göring-Eckard jubeln nach der Prognose für die Europawahl.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock (links) und Fraktionschefin Katrin Göring-Eckard jubeln nach der Prognose für die Europawahl.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Mehr Freude geht nicht. Weil der Andrang so groß ist, sind die Grünen mit ihrer Fete von der Parteizentrale in die Heinrich-Böll-Stiftung umgezogen. Annalena Baerbock, Anton Hofreiter und Spitzenkandidat Sven Giegold johlen, tanzen und hüpfen wie Kinder in der ersten Reihe, als das Ergebnis kommt. Geschäftsführer Michael Kellner sagt, dies sei ein „Sunday vor Future“. Ein Sonntag der Zukunft. Im Hintergrund jubelt einer im Eisbär-Kostüm.

Die Klimaschutzstreiks der Schüler haben auch den Grünen mächtig Luft unter die Flügel gebracht. Baerbock analysiert: „Diese Wahl war eine Klimaschutzwahl“. Und auch Robert Habeck, der als Vertreter der Parteiführung nach Bremen beordert wurde, hebt dort die „herausragende Rolle“ des Themas hervor. Die beiden Europa-Spitzenkandidaten Ska Keller und Sven Giegold kündigen in einer gemeinsamen Erklärung an: „Wir werden die Stimme der Klimabewegung von der Straße ins Parlament tragen.“

Nach den objektiven Zahlen ist auch die AfD ein Sieger des Tages. „Plus fünfzig Prozent bei der Europawahl“, rechnet Parteisprecher Jörg Meuthen vor, von 7,1 auf gut zehn Prozent. Für Bremen nennt er die Prozentzahl nicht. Hier belässt es Meuthen bei dem Satz, dass „wir nicht aus der Bürgerschaft rausgekegelt worden sind“. Es ist das erste Mal, dass die Rechtspopulisten mit bescheidenen Erfolgen zufrieden sein müssen. Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland räumt ein, dass das Brexit-Chaos und die Ibiza-Affäre der befreundeten FPÖ im Wahlkampf „schwierige Themen“ gewesen seien.

An Wahlabenden gibt es nie Verlierer, denn wenn man nur richtig rechnet, findet man immer etwas Positives. FDP-Chef Christian Lindner ernennt seine Partei zum „kleinen Wahlgewinner“. Erstens sei die liberale Fraktion im Europaparlament gestärkt, und zweitens habe die FDP „in absoluten Zahlen“ ihre Stimmen fast verdoppelt. Das liegt daran, dass die Wahlbeteilung deutlich höher ist als vor fünf Jahren.

 AfD-Spitzenkandidat Jörg Meuthen freut sich über den Zugewinn seiner Partei.

AfD-Spitzenkandidat Jörg Meuthen freut sich über den Zugewinn seiner Partei.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Im Karl-Liebknecht-Haus der Linken herrscht ein wenig Katzenjammer. Bei der Europawahl hat man nur fünf Prozent erzielt. Parteichef Bernd Riexinger sagt frustriert, seine Partei habe „ein besseres Ergebnis erwartet und verdient gehabt“. Immerhin hat die Partei in Bremen zwölf Prozent geholt und steht dort womöglich vor einer Regierungsbeteiligung in einer rot-rot-grünen Regierung. Co-Parteichefin Katja Kipping wirbt dafür. Ihr fällt angesichts der Verluste von CDU und SPD der wohl treffendste Spruch zu diesem Wahlsonntag ein: „Die Groko ist jetzt nur noch Mikro.“

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