Neubesetzung im Wirtschaftsministerium Habeck holt enge Vertraute und Pragmatiker als Staatssekretäre in sein Ministerium

Berlin · Der designierte Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck holt sich mehrere enge Vertraute und einen bekannten Energiewende-Experten ins Ministerium. Die frühere Hamburger Umweltsenatorin Anja Hajduk soll Amts-Chefin beim Vizekanzler werden und die Zusammenarbeit mit anderen Ministerien koordinieren.

 Robert Habeck hat sich schon für seine Staatssekretärs-Riege entschieden, bevor die Grünen-Mitglieder überhaupt über den Koalitionsvertrag entschieden haben.

Robert Habeck hat sich schon für seine Staatssekretärs-Riege entschieden, bevor die Grünen-Mitglieder überhaupt über den Koalitionsvertrag entschieden haben.

Foto: AP/Michael Sohn

Der designierte Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck bestellt sein Haus noch vor dem Votum der Grünen über den Koalitionsvertrag mit SPD und FDP. Der Grünen-Co-Chef holt sich prominente Experten und Politiker als Staatssekretäre in das künftige Ministerium. Amtschefin und Koordinatorin des Vizekanzlers soll die erfahrene Haushaltspolitikerin und frühere Hamburger Umweltsenatorin Anja Hajduk werden, wie eine Grünen-Sprecherin am Dienstag bestätigte. Weitere beamtete Staatssekretäre sollen der Europa-Politiker und Attac-Mitbegründer Sven Giegold, Patrick Graichen von der Agora Energiewende und der Finanz-Staatssekretär in Schleswig-Holstein, Udo Philipp, werden. Auch in die Neuaufstellung der Bundestagsfraktion kommt Bewegung. Die Wirtschaftspolitikerin Katharina Dröge kündigte an, dass sie für die Doppelspitze der Fraktion antreten werde. Dröge wird dem Realo-Flügel der Partei zugerechnet.

Hajduk, die nicht mehr für den Bundestag kandidiert hatte, soll als Staatssekretärin die Zusammenarbeit mit anderen Ministerien koordinieren. Sie gilt als ausgewiesene Finanz- und Haushaltsexpertin und war im Haushaltsausschuss des Bundestages zuletzt zuständig für den Etat des Wirtschaftsministeriums. Ihr dürfte die Erfahrung als Haushälterin zugutekommen: Das Habeck-Ministerium gilt als Schlüsselressort für den Umbau der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität. Dabei sind Auseinandersetzungen mit dem künftigen Finanzminister Christian Lindner (FDP) ums Geld für Investitionen programmiert.

Hajduk gilt als Pragmatikerin, war jedoch mit ihrem pragmatischen Kurs nicht unumstritten: Als Hamburger Senatorin genehmigte sie 2008 den Neubau eines Steinkohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg, das die Grünen zuvor als „Klimamonster“ abgelehnt hatten. Hajduk sah sich zur Genehmigung rechtlich gezwungen, versah dies aber mit wasserrechtlichen Vorgaben.

Der Europapolitiker Giegold aus Nordrhein-Westfalen ist ein Vertrauter Habecks, der auch schon bei den Koalitionsverhandlungen dabei war. Mit Graichen gewinnt Habeck einen Vordenker der Energiewende. Mit dem Finanzstaatsekretär Philipp aus Kiel zieht zudem ein früherer Private-Equity-Manager ins Wirtschaftsministerium ein, der mit Giegold einst die Bürgerbewegung Finanzwende gegründet hatte.

 Anja Hajduk (Mitte) soll Amtschefin bei Habeck werden.

Anja Hajduk (Mitte) soll Amtschefin bei Habeck werden.

Foto: anh

Die Bundestagsfraktion will Anfang der kommenden Woche die Fraktionsführung neu wählen. Die bisherige wirtschaftspolitische Sprecherin Dröge informierte die Abgeordneten am Dienstag in einem Reuters vorliegenden Brief über ihre Kandidatur. „Erfolgreich sein können wir nur als Team“, schrieb die 37-Jährige. „Und dieses Team würde ich gerne in den nächsten Jahren leiten, als eine von zwei Fraktionsvorsitzenden.“ Dröge gehört zum linken Flügel, der eine Mehrheit der Abgeordneten stellt.

Bei den Realpolitikern ist für den zweiten Platz in der Doppelspitze die bisherige Parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann im Gespräch. Sie habe sich zu einer möglichen Kandidatur aber noch nicht geäußert, hieß es bei den Grünen. Offen blieb auch, ob es für den Fraktionsvorsitz weitere Bewerbungen vom linken Flügel geben könnte. Die bisherigen Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt wollten eigentlich Ministerposten in der neuen Ampel-Regierung übernehmen. Allerdings kamen beide nicht zum Zug. Göring-Eckardt ist daher als Vizepräsidentin des Bundestages im Gespräch. (mit rtr)

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