Unmut bei SPD und CSU Groko-Streit um die Personalie von der Leyen beruhigt sich etwas

Berlin · Nicht nur in der SPD, sondern auch in der CSU ist man über die Nominierung verstimmt. Vom Ende der Koalition ist inzwischen aber keine Rede mehr.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen soll nach Brüssel wechseln – das sorgt für Ärger.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen soll nach Brüssel wechseln – das sorgt für Ärger.

Foto: AP/Jean-Francois Badias

Während nach der Nominierung Ursula von der Leyens (CDU) für das Amt der EU-Kommissionspräsidentin viele auf die empörten Sozialdemokraten schauen, lauert im Hintergrund noch eine ganz andere Gefahr für Kanzlerin Angela Merkel: die CSU. An ihrer Basis ist offenbar die Hölle los. Das berichten Christsoziale. Speziell in Niederbayern, wo Manfred Weber seine Heimat hat.

Bei den Bajuwaren ist man entsetzt darüber, was Weber widerfahren ist. Der Kanzlerin will man zwar nicht unterstellen, dass sie im Europäischen Rat nicht für den Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei gekämpft hat. Als Hauptschuldigen sieht man eher den französische Staatspräsident Emmanuel Macron an, der sowohl die Person Manfred Weber als auch das gesamte Spitzenkandidatenmodell bekämpft habe. Dass der Christsoziale vorerst keine herausragende Rolle auf dem Brüsseler Parkett spielen wird, „versteht man aber an der Basis nicht“, so ein CSU-Mann.

Die Christsozialen holten in Niederbayern stolze 57 Prozent, die Wahlbeteiligung im gesamten Freistaat stieg bei der Europawahl um 20 Prozentpunkte auf über 60 Prozent. Ein Weber-Effekt, wie man in der Partei glaubt. Und nun geht er leer aus. Die neue Europabegeisterung sei durch das Geschacher in Brüssel wieder dahin, wird kritisiert. Wer die CSU freilich kennt, der weiß, sie vergisst nicht. Zwar will man trotz aller Enttäuschung die Nominierung Ursula von der Leyens vorbehaltlos unterstützen. Allerdings macht hinter den Kulissen schon das Wort von der „Kompensation“ die Runde, von Wiedergutmachung ist die Rede.  Merkel wird sich womöglich etwas einfallen lassen müssen, um auch diesen Teil ihrer Koalition zu beruhigen.

Es sind schwere Zeiten für die Groko in Berlin, wieder einmal. Mit völligem Unverständnis blickt man von Unions-Seite auf die SPD. 27 Staats- und Regierungschefs hätten der Personalie von der Leyen zugestimmt, nur die deutsche Kanzlerin habe sich wegen der Genossen enthalten müssen – „peinlich“ sei das, so ein führender CSU-Politiker. Zumal auch die Sozialdemokraten dem EVP-Spitzenkandidaten Weber die Unterstützung versagt hätten, obwohl dessen Parteienfamilie als stärkste Kraft aus der Europawahl hervorgegangen war. Die Stimmung im Bündnis ist im schwarz-roten Keller.

Allerdings ebbte die Empörungswelle am Donnerstag ab, kein Sozialdemokrat wollte mehr vom raschen Ende der Koalition reden. Wie so oft in den letzten Monaten könnte nun Juso-Chef Kevin Kühnert Dreh- und Angelpunkt bei der SPD werden. Nach den Koalitionsverhandlungen im vergangenen Jahr startete er eine viel beachtete Kampagne gegen den Eintritt seiner Partei in die Groko. Ob er nun auch als SPD-Parteivorsitzender antreten wird, ist noch offen. Kühnert sprach von einer Belastung für das Bündnis durch die Nominierung von der Leyens. Der Vorgang trage nicht dazu bei, „dass es die große Koalition am Ende des Jahres noch gibt“, prognostizierte der einflussreiche Juso. Bei der geplanten Groko-Halbzeitbilanz spätestens auf dem Parteitag der Sozialdemokraten im Dezember soll die Personalie von der Leyen eine Rolle spielen. 

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