„Griechenland ist keine Gewissensfrage“

Berlin · Nach nur zwei Verhandlungswochen haben sich Griechenland und seine Gläubiger im Grundsatz auf ein drittes Hilfsprogramm geeinigt. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU), geht davon aus, dass der Bundestag dem bis zum Donnerstag nächster Woche zustimmen wird. Den Abweichlern in den eigenen Reihen empfahl er, die Vereinbarung erst einmal gründlich zu studieren. Mit Rehberg sprach unser Berliner Korrespondent Stefan Vetter.

Herr Rehberg, ist die zügige Einigung für Sie eine gute Nachricht?
Rehberg: Das ist eine gute Nachricht. Denn nach vielen Irrungen und Wirrungen hat die griechische Regierung endlich konstruktiv mit der Troika der Geldgeber zusammen gearbeitet. Das Ergebnis müssen wir allerdings noch sorgfältig prüfen, die entsprechenden Unterlagen sind erst am späten Dienstagabend im Bundesfinanzministerium eingegangen. Wirklich entscheidend wird sein, ob die Abmachung von Griechenland auch umgesetzt wird.

Genau daran gibt es große Zweifel, nachdem sich die Reformversprechen aus Athen schon öfter als haltlos erwiesen haben.
Rehberg: Gerade das Agieren der Bundesregierung, den Griechen die Konsequenzen für mangelnde Reformbemühungen vor Augen zu führen - Stichwort Grexit - hat in Athen zu einem Umdenken geführt. Wichtig ist nun, dass die einzelnen Hilfs-Tranchen nicht allzu groß ausfallen, damit der Bundestag von seinen Kontrollrechten immer wieder Gebrauch machen kann.

Apropos Bundestag. Rechnen Sie mit einer Abstimmung über das dritte Hilfspaket in der kommenden Woche?
Rehberg: Vorbehaltlich einer sorgfältigen Prüfung rechne ich damit, dass der Bundestag bis zum 20. August über das Hilfspakt entscheiden wird. Denn an diesem Tag ist die Rückzahlung eines Kredits von 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank fällig. Geschieht das nicht, ist Athen pleite.

Die Alternative wäre eine Brückenfinanzierung.
Rehberg: Ja, aber dies würde bedeuten, dass die Finanzminister der Euro-Gruppe das Verhandlungsergebnis auf Arbeitsebene zwischen der Troika und Griechenland erst einmal ablehnen würden und die Verhandlungen über das dritte Hilfspakt in den nächsten Tagen und Wochen fortgeführt werden müssten.

Wie schätzen Sie die Stimmung in Ihrer Fraktion ein?
Rehberg: Die Stimmung ist sicher angespannt. Aber nachdem die Bundesregierung im Juli vom Bundestag ein Mandat bekommen hat, über weitere Hilfen zu verhandeln, rate ich jedem, sich erst einmal sorgfältig durchzulesen, was da jetzt ausgehandelt worden ist. Erst dann sollte man sich in seinem Abstimmungsverhalten festlegen.

War Ihr Fraktionschef Kauder gut beraten, den Abweichlern mit Karriere-Einschnitten zu drohen, um sie zur Zustimmung zu zwingen?
Rehberg: Volker Kauder hat eigentlich etwas Selbstverständliches gesagt. Nämlich, dass man in Arbeitsgruppen der Fraktion diskutiert und dort für seine eigene Meinung werben kann, aber sich am Ende die Minderheit der Mehrheit anschließen muss. Manche Kolleginnen und Kollegen machen es sich aufgrund der komfortablen Koalitionsmehrheit mit ihrem abweichenden Stimmverhalten etwas einfach.

Dass in Griechenland viele Milliarden Euro zu Lasten der deutschen Steuerzahler verbrannt werden könnten, ist aber für die Kritiker eine Gewissenfrage.
Rehberg: Manche in unserer Fraktion haben mit der Gewissensfrage auch gegen Hilfen für Portugal, Irland, Spanien und Zypern argumentiert. Aber dort hat sich das, was die Mehrheit beschlossen hat, gut bewährt. Griechenland ist wirklich keine Gewissenfrage.

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