Gesundheitsministertreffen in Rom Erste Infektion mit Coronavirus in Baden-Württemberg bestätigt

Rom/Berlin · Das neuartige Virus Sars CoV-2 breitet sich immer weiter in Richtung Deutschland aus. Mehrere europäische Gesundheitsminister beraten in Rom über Maßnahmen.

Eine Polizistin stellt am Dienstag eine Sperre vor dem Hotel auf der Ferieninsel Teneriffa auf, in dem 1000 Gäste unter Quarantäne stehen.

Eine Polizistin stellt am Dienstag eine Sperre vor dem Hotel auf der Ferieninsel Teneriffa auf, in dem 1000 Gäste unter Quarantäne stehen.

Foto: dpa/Uncredited

In Baden-Württemberg ist erstmals ein Patient nachweislich an dem neuartigen Coronavirus erkrankt. Es handle sich um einen 25-jährigen Mann, teilte das Gesundheitsministerium in Stuttgart am späten Dienstagabend mit. Er habe sich vermutlich während einer Italienreise in Mailand angesteckt. Der Patient sei nach seiner Rückkehr mit grippeähnlichen Symptomen erkrankt und habe Kontakt mit dem örtlichen Gesundheitsamt aufgenommen. Er sollte noch am Dienstagabend in eine Klinik gebracht und dort isoliert behandelt werden. Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) breche seinen Urlaub ab und werde am Mittwoch gemeinsam mit Experten über den Fall informieren.

Nach dem Ausbruch einer Coronavirus-Epidemie in Italien melden immer mehr europäische Staaten Nachweise des Erregers. Österreich, Kroatien, das spanische Festland und die Schweiz berichteten am Dienstag von Covid-19-Fällen. Auf der spanischen Urlaubsinsel Teneriffa wurde nach einer bestätigten Erkrankung ein Hotel mit rund 1000 Touristen praktisch unter Quarantäne gestellt. In der Golf-Region droht sich das Virus ebenfalls auszubreiten.

Trotzdem soll es keine Reisebeschränkungen in Europa geben, wie die Gesundheitsminister mehrerer Staaten am Dienstagabend in Rom beschlossen. Grenzüberschreitende Reisesperren seien keine angemessene Antwort, sagte der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach einem Krisentreffen. „Wir sind gemeinsam der Meinung, dass zu diesem Zeitpunkt, jetzt, Reisebeschränkungen oder gar das Schließen von Grenzen keine angemessene, verhältnismäßige Maßnahme wäre.“ Auch über größere Veranstaltungen solle im Einzelfall entschieden werden.

Viele der neuen Nachweise des Coronavirus in europäischen Ländern stehen im Zusammenhang mit dem zuletzt besonders stark betroffenen Italien. So wurde auf Teneriffa ein Besucher aus der Lombardei positiv auf das Virus getestet, wie das spanische Gesundheitsministerium mitteilte. Die Region ist das im Moment am stärksten von dem Virus betroffene Gebiet in Norditalien. Am Abend wurde bekannt, dass auch die Ehefrau des Touristen positiv getestet wurde. Beide Patienten liegen isoliert in einem Krankenhaus auf der Kanareninsel.

Das Hotel, in dem das Ehepaar fast eine Woche lang Urlaub gemacht hatte, steht seit Dienstagmorgen unter Quarantäne. „Wir müssen davon ausgehen, dass sich unter den von den Quarantänemaßnahmen Betroffenen auch deutsche Staatsangehörige befinden“, hieß es aus dem Auswärtigen Amt.

Auch auf dem spanischen Festland ist der Erreger nun nachweislich angekommen. In Barcelona wurde eine Frau nach Angaben des spanischen Gesundheitsministeriums positiv getestet. Sie soll kürzlich von einer Reise nach Norditalien zurückgekehrt sein, berichtete die Zeitung La Vanguardia.

Das neuartige Coronavirus hat zudem Österreich erreicht. Eine 24-jährige Frau und ihr gleichaltriger Freund seien positiv auf das Virus getestet worden, berichtete ein Sprecher der Klinik in Innsbruck. Beide stammten aus dem Raum Bergamo in Italien. Inzwischen seien beide in einem guten Zustand. Die Suche nach möglichen Kontaktpersonen sei im Gange.

In Kroatien wurde die erste Ansteckung bei einem Mann nachgewiesen, der zuvor einige Tage in Italien gewesen war. Der erste Nachweis in der Schweiz ereignete sich laut Bundesamt für Gesundheit im Kanton Tessin, der in die italienische Lombardei hineinragt, wo mehrere Fälle aufgetreten sind.

In Italien ist die Ausbreitung des Erregers in immer mehr Regionen nachgewiesen. Es ist aktuell mit Abstand das Land mit den meisten erfassten Fällen in Europa. Auf Sizilien gebe es den ersten Fall Süditaliens, teilte Zivilschutzchef Angelo Borrelli am Dienstag in Rom mit. Auch in Südtirol wurde ein Infizierter gemeldet, in der Toskana zwei. Insgesamt stieg die Zahl der Angesteckten in dem Land auf rund 280. Am Dienstagabend wurde das elfte Todesopfer gemeldet Wie es zu so einem rasanten Ausbruch kommen konnte, ist noch nicht bekannt. In der Lombardei wurden zehn Gemeinden in der Provinz Lodi zu Sperrzonen erklärt.

Die Gefahr einer Ansteckung mit dem Virus ist nach einer neuen ECDC-Einschätzung für Europäer derzeit „niedrig bis moderat“. Als „moderat bis hoch“ schätzt das Zentrum das Risiko ein, dass sich Fälle wie derzeit in Italien auch anderswo häufen. Im Iran stieg die Zahl der gemeldeten Todesopfer von zwölf auf 15, wie der Sprecher des Gesundheitsministeriums am Dienstag im Staatsfernsehen erklärte. Ihm zufolge wurden landesweit inzwischen 95 Menschen – 34 mehr als am Vortag – aus verschiedenen Landesteilen positiv auf das Virus getestet. Irans regionale Nachbarländer Irak, Kuwait, Bahrain und Vereinigte Arabische Emirate (VAE) meldeten mehrere neue Fälle von Patienten, die zuvor in den Iran gereist waren.

Auch in China bleibt die Lage angespannt. Wie die Pekinger Gesundheitskommission mitteilte, kamen weitere 71 Menschen ums Leben. Die Gesamtzahl der Todesopfer in China stieg damit auf 2663, die Zahl der nachgewiesenen Infektionen kletterte um 508 auf 77 658. Seit einer neuerlichen Änderung der Zählweise vor knapp einer Woche hat sich der tägliche Anstieg der neuen Infektionen in China reduziert. Experten gehen allerdings weiter von einer hohen Dunkelziffer aus.

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