SPD-Gesundheitsexperte Kalr Lauterbach für Einsatz von Astrazeneca-Impfstoff „Der Vertrauensverlust ist unberechtigt“

Berlin · Wenn der Impfstoff von Astrazeneca komplett ausfallen sollte, hätte Deutschland ein großes Problem, warnt der SPD-Gesundheitsexperte.

 SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach geht fest davon aus, dass der Impfstoff Astrazeneca bald wieder zum Einsatz kommen wird. Er halte nichts davon, dann die Impfreihenfolge zu ändern. In zwei Monaten, so Lauterbach, werde sich die Lage in Deutschland verbessern.

Herr Lauterbach, was bedeutet der Stopp von Astrazeneca-Impfungen für die deutsche Impfstrategie?

LAUTERBACH Die deutsche Strategie ist zunächst einmal nicht gefährdet, wenn der Impfstoff wieder eingesetzt werden kann. Davon gehe ich nach der Prüfung der Europäischen Zulassungsbehörde aus. Sollte der Impfstoff komplett ausfallen, dann hätten wir ein großes Problem.

Was macht Sie denn so sicher, dass die Behörde wieder grünes Licht geben wird?

LAUTERBACH Ich kann der Zulassungsbehörde nicht vorgreifen. Aber man muss die minimale Anzahl mit schwerwiegenden Nebenwirkungen dem Nutzen des Impfstoffes entgegensetzen – und der ist so ausgeprägt, dass man in der jetzigen dritten Welle bei einer entsprechenden Warnung Astrazeneca wieder wird einsetzen können.

Der Impfstoff hat sowieso keinen guten Ruf. Ist der Vertrauensverlust jetzt so groß, dass noch mehr Dosen ungenutzt bleiben werden?

LAUTERBACH Es ist nicht viel ungenutzt liegengeblieben in der letzten Zeit. Der Vertrauensverlust ist unberechtigterweise groß. Der Impfstoff ist von Anfang an unterschätzt worden; auch war es ein Fehler, ihn am Anfang bei Älteren nicht einzusetzen. Obwohl er für diese Menschen sehr hohen Nutzen hat. Ich hoffe, dass wir das Vertrauen wieder herstellen können, wenn die Prüfung jetzt abgeschlossen ist.

Markus Söder sagt, sollte es wieder zu einer Freigabe kommen, muss die Priorisierung aufgehoben werden – wer will, soll Astrazeneca dann bekommen. Was sagen Sie dazu?

LAUTERBACH Der Vorschlag ist aus meiner Sicht schlecht. Denn ein Impfstoff muss dort eingesetzt werden, wo er den größten Nutzen hat. Bei einem 80-Jährigen ist der von Astrazeneca 600 Mal so groß wie bei einem 30-Jährigen. Deshalb ist gerade jetzt in der dritten Welle die Einhaltung der Impfreihenfolge wichtig. Ich bin mir sicher, dass ältere Menschen den Impfstoff gerne nehmen werden.

Ist es richtig, dass die Bundesregierung den Impfgipfel erst einmal verschoben hat?

LAUTERBACH Den Impfgipfel jetzt zu verschieben, halte ich für richtig. Denn wir haben de facto erst einmal eine unklare Lage. Bis zum Ergebnis der Prüfung zu warten, ist daher sinnvoll.

Wann werden wir über dem Berg sein?

LAUTERBACH Die Impfungen werden weitergehen. Wir sind jetzt in der dritten Welle. Da müssen wir aus meiner Sicht wieder auf die Notbremse zurückgreifen, denn wir werden leider bald den Inzidenzwert von 100 auch bundesweit überschritten haben. Allerdings hätte da der Impfstoff auch keinen Unterschied gemacht. Ich glaube, wir werden noch zwei Monate groß Schwierigkeiten haben. Dann wird es besser.

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