Generalsekretär der EU-Kommission wird EU-Vertreter in Wien Selmayr geht – und bleibt doch gefragt

Brüssel · Der bisherige Generalsekretär der Europäischen Kommission wechselt als EU-Vertreter nach Wien, bleibt aber vorerst Sonderberater der Kommission.

 ARCHIV - 07.03.2018, Belgien, Brussels: Martin Selmayr, Generalsekretär der EU-Kommission, wartet auf den Beginn des Treffens des Kollegium der Europäischen Kommission. (Der umstrittene EU-Spitzenbeamte Martin Selmayr hat seinen Abschied aus Brüssel angekündigt. Foto: Virginia Mayo/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 07.03.2018, Belgien, Brussels: Martin Selmayr, Generalsekretär der EU-Kommission, wartet auf den Beginn des Treffens des Kollegium der Europäischen Kommission. (Der umstrittene EU-Spitzenbeamte Martin Selmayr hat seinen Abschied aus Brüssel angekündigt. Foto: Virginia Mayo/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Virginia Mayo

Wirklich schmeichelhaft klingt die Bezeichnung nie. Aber wenn EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker seinen engsten Mitarbeiter und Vertrauten Martin Selmayr „Monster“ nannte, dann war das immer respektvoll gemeint und sollte Hochachtung vor dem großen Engagement des 48-Jährigen ausdrücken, der – wenn es sein musste – auch schon mal 18-Stunden-Tage absolvierte.

Am gestrigen Mittwoch hob die Europäische Kommission bei ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause denn auch ausdrücklich „die vorbildliche Arbeitsleistung“ des gebürtigen Bonners hervor, der vor zwei Jahren seinen Job an der Seite Junckers aufgab und in einer überaus umstrittenen Aktion zum Generalsekretär der Kommission befördert worden war. Nun geht Selmayr – aber nicht ganz. Er bleibt Sonderberater der Juncker-Kommission und wird am 1. November zugleich Ständiger Vertreter der Brüsseler Behörde in Wien – es ist eine Personalie, die in den vergangenen Wochen für viel Wirbel gesorgt hatte.

Nachdem sich abzeichnete, dass Ursula von der Leyen Juncker an der Spitze der wichtigsten EU-Behörde ablösen würde, hatte Selmayr seinen Rückzug angekündigt und dabei auf ein „ungeschriebenes Gesetz“ verwiesen, wonach es nicht zwei Verantwortliche einer Nationalität auf Spitzenpositionen geben darf. Ganz so harmonisch scheint dieser Wechsel allerdings nicht verlaufen zu sein. Schon bei ihrem ersten Auftritt vor der christdemokratischen Parlamentsfraktion hatte von der Leyen sich von ihren Pateifreunden anhören müssen, sie solle sich von Selmayr trennen, andernfalls werde es massiven Widerstand gegen ihre Wahl geben.

Für die einen war Selmayr ein großer Europäer, dem nach seiner langen Laufbahn in Brüssel niemand etwas vormachen konnte. Schließlich arbeitete er seit 2004 in der Kommission, war zuvor einige Jahre bei der Europäischen Zentralbank und hat diverse Lehraufträge an den Universitäten Saarbrücken, Passau und im österreichischen Krems inne. Für andere galt Selmayr jedoch als rotes Tuch, weil er Juncker abschirmte und sogar zeitweise als dessen Spiritus rector galt – mit enormem Einfluss auf die Politik des Kommissionspräsidenten und sogar der Kommissare.

Kritik wird deshalb nicht auf sich warten lassen. Denn Selmayr wird auch weiter in Brüssel präsent sein. „Ich werde ja nicht einfach nach Wien verschwinden, sondern dem Präsidenten wieder in aktuellen Fragen helfen“, sagte Selmayr gestern gegenüber unserer Zeitung. „Und ich stehe, wenn sie das möchte, auch der neuen Präsidentin auf ihrem Weg in das Amt zur Verfügung.“

Selmayr kennt sich aus, auch beim Brexit. Wie ist die Situation nach der Kür des neuen Premierministers Boris Johnson? „Die EU ist sich einig, das Austrittsabkommen nicht wieder zu öffnen“, sagte Selmayr. „Das gilt auch für die neue Kommission. Aber es hat sich einiges getan. Da der Brexit zum 29. März nicht in Kraft getreten ist und Großbritannien weiter in den Haushalt eingezahlt hat, können wir die Abschlussrechnung durchaus noch einmal überarbeiten. Die bisherige Summe von 44 Milliarden Euro ist natürlich automatisch kleiner geworden.“

Sollte es einen Brexit ohne Deal geben, sei „die EU vorbereitet, das Vereinigte Königreich ist hingegen weniger gut vorbereitet“, ergänzte Selmayr.

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