„Gefahr vor Straftaten macht Sorgen“

Berlin · Das Bundeskriminalamt warnt vor wachsenden Gewaltausbrüchen Rechtsextremer gegen Flüchtlinge. Ist die Situation außer Kontrolle? SZ-Korrespondent Stefan Vetter sprach darüber mit dem Chef des Bundestagsinnenausschusses, Ansgar Heveling (CDU).



Herr Heveling, machen Sie sich Sorgen um die Sicherheit im Land?
Heveling:
Festzustellen ist, dass die allermeisten der bislang bekannten 228 Tatverdächtigen in der Nähe der Asylunterkünfte wohnen, gegen die sie mutmaßlich straffällig geworden sind. Das deutet darauf hin, dass es sich um Einzeltäter handelt und es noch nicht zu einer Vernetzung solcher Kräfte gekommen ist. Die Gefahr gezielter und koordinierter Straftaten ist aber vorhanden. Und das muss uns zweifellos sehr besorgen.

Reichen die Gesetze aus, um solche Täter konsequent zu bestrafen?
Heveling:
Ja, dafür gibt es eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Wichtig ist, dass die Tatverdächtigen schnell ermittelt werden und die Leute zügig vor Gericht kommen.

Die Vorstufe von Gewalt ist eine immer aggressivere Grundstimmung. So haben Unbekannte jetzt eine Galgenattrappe nahe einem Flüchtlingsheim aufgestellt. Fällt das noch unter Meinungsfreiheit, oder ist das Volksverhetzung?
Heveling:
Auch bei einer Pegida-Demonstration wurde eine Galgenattrappe mitgeführt. Daraufhin nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf. Insofern gibt es auch bei dem von Ihnen genannte Beispiel Anhaltspunkte für strafrechtliches Handeln. Für mich ist die Grenze der freien Meinungsäußerung hier klar überschritten.

Immer mehr Kommunen sind an der Grenze ihrer Kapazitäten bei der Flüchtlingsaufnahme. Spielt das nicht auch gewalttätigen Fremdenhassern in die Hände?
Heveling:
Ein klares Nein. Viele Bürgermeister machen sich zweifellos Sorgen über die Belastbarkeit ihrer Kommune. Aber sie tun das ohne ausländerfeindliche Zungenschläge. Im Gegenteil: Wir müssen dankbar sein, was die kommunalen Vertreter unermüdlich leisten. Das ist vorbildlich und sorgt für Ruhe.

Gibt es für Sie eine Grenze der Belastbarkeit bei der Aufnahme von Flüchtlingen?
Heveling:
Die Flüchtlinge sind da, andere sind noch auf dem Weg. Damit müssen wir umgehen. Die Kanzlerin bemüht sich stark um eine europäische Lösung. Am Sonntag findet dazu ein Gipfel in Brüssel statt. Ohne Europa wird das Problem nicht zu lösen sein. Dabei ist klar, dass auch unsere Möglichkeiten faktisch nicht unbegrenzt sind.

Aber alle europäischen Gipfel haben bislang kaum etwas Substanzielles gebracht.
Heveling:
Auch in anderen europäischen Ländern wird die Flüchtlingslage immer schwieriger. Vor diesem Hintergrund wächst auch der Druck, zu gemeinsamen Lösungen zu kommen.

Auch in Ihrer Partei wird der Ruf nach einer Eindämmung der Flüchtlingsströme lauter . . .
Heveling:
Klar ist, dass das kürzlich verabschiedete Asyl-Paket die Asyl-Verfahren und Rückführungen beschleunigen kann. Aber auf den Zustrom von Flüchtlingen hat dieser Beschluss keinen Einfluss. Daher wird es sicher noch weitere gesetzliche Schritte geben müssen. Ich nenne hier nur die Einrichtung von Transitzonen, um Personen, deren Asylgesuch offensichtlich unbegründet ist, gar nicht erst nach Deutschland einreisen zu lassen.

Was entgegnen Sie einem besorgten Bürger, der fern aller Ausländerfeindlichkeit zu dem Schluss kommt, dass die Politik die Lage im Land nicht mehr im Griff hat?
Heveling:
Ich sage ihm, dass Regierung und Verwaltung auf allen Ebenen ihr Möglichstes tun, um genau diesem Eindruck zu begegnen. Die Sorgen wegen des großen Zustroms sind berechtigt, aber alle verantwortlichen Stellen tun, was sie können.

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