Ringen um Gaspreisbremse Die Suche nach dem besten Modell

Berlin · Die von der Bundesregierung angesichts der rasant anziehenden Gaspreise ins Leben gerufene Kommission will schon in den kommenden Tagen konkrete Vorschläge präsentieren. Noch ist aber völlig offen, nach welchem Modell die Gaspreisbremse umgesetzt werden soll.

 Gas und Strom sind in Europa so teuer wie lange nicht. (Archivbild)

Gas und Strom sind in Europa so teuer wie lange nicht. (Archivbild)

Foto: dpa/Marijan Murat

Die von der Bundesregierung eingesetzte 24-köpfige Expertenkommission hat keine leichte Aufgabe: Sie soll binnen weniger Tage einen Vorschlag unterbreiten, wie die umstrittene Gaspreisbremse in Deutschland umgesetzt werden kann. Am kommenden Wochenende soll das Gremium unter der Leitung der Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm, dem Industriepräsidenten Siegfried Russwurm und dem Industriegewerkschaftschef Michael Vassiliadis erneut zusammenkommen, um danach belastbare Konzepte vorzulegen.

Die bereits von der Bundesregierung beschlossene Gaspreisbremse soll wesentlicher Bestandteil des sogenannten Abwehrschirms sein, den die Ampel-Koalition unter anderem mit 200 Milliarden Euro bis 2024 ausstatten will. Das Ziel: Die Gaspreise für Bürger und Unternehmen senken, mittelbar auch die Strompreise. So sollen die Menschen und Firmen besser durch die Energiepreiskrise kommen.

Nur wie kann das Vorhaben gelingen? Im Raum stehen mehrere Modelle, die jeweils Vor- und Nachteile haben. Das prominenteste von ihnen sieht vor, dass gemessen am Vorjahresverbrauch 80 Prozent des aktuelles Verbrauchs subventioniert werden. Die übrigen 20 Prozent, sofern sie nicht eingespart werden können, müssen dann zum heute üblichen Marktpreis bezahlt werden. Das soll neben dem Preisdämpfungseffekt zusätzlich zum Gassparen anregen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte diese Anreize zum Sparen betont. – und klargestellt, dass eine generelle Verbilligung nicht kommen werde. „Für die oberen 20 Prozent des normalen Verbrauchs wird man sicherlich die volle Rechnung bezahlen müssen“, sagte Habeck. „Wir werde natürlich nicht den Gaspreis so runtersubventionieren können, wie er 2021 war. Und zwar sehr lange Zeit nicht“, so der Minister.

Doch in der Kommission, die vor allem aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern besteht, regt sich offenbar Widerstand gegen dieses von Habeck favorisierte Modell. Es gebe „noch keinerlei Vorfestlegung auf irgendein Modell, geschweige denn auf konkrete Verbrauchs- oder Preisschwellen“, hieß es jüngst aus dem Gremium.

Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung soll Marie-Luise Wolff, Präsidentin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, laut Teilnehmern gesagt haben, dass sie dieses „80-20-Modell“ für nicht umsetzbar halte. Man bräuchte stattdessen schnelle, unbürokratische Lösungen, beispielsweise einen fixen Abschlag pro Kilowattstunde. Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums würden jedoch eine Bremse wollen, die sich am Vorjahresverbrauch jedes Haushalts orientiere. Das würde nicht funktionieren, da die meisten Menschen in Mietwohnungen leben und der Großteil davon an Zentralheizungen hänge. Auch Axel Gedaschko, Präsident der Wohnungswirtschaft, soll das laut Teilnehmer-Bericht so gesehen haben.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Erwartung geäußert, dass es nächste Woche Ergebnisse gebe, zu denen sich die Bundesregierung dann „sofort“ verhalten könne. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatte unterdessen andere Modelle ins Gespräch gebracht, zugleich aber das „80-20-Modell“ als denkbar bezeichnet. So könne auch darüber nachgedacht werden, die Bezugsgröße des Vorjahresverbrauchs ganz rauszulassen, sagte Bovenschulte am Mittwoch im Deutschlandfunk. Dann müssten die aktuellen Preissteigerungen subventioniert und aufgeteilt werden. Das bezeichnete Bovenschulte als einfacher für die Verwaltung, der Einsparanreiz fehle aber.

Dass Deutschland bislang eine Preisobergrenze für Gasimporte ablehnt und stattdessen eine Gaspreisbremse einführen will, stieß unterdessen in der EU auf Kritik. Die anderen Länder befürchten, dass dadurch deutschen Unternehmen ein Vorteil zur Konkurrenz entstünde, weil andere Länder nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, die Energiepreise für ihre Unternehmen abzufedern.

(jd/rtr)
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