Friedrich Merz ist neuer CDU-Vorsitzender Eine neue Zeitrechnung

Meinung | Berlin · Die CDU hat Friedrich Merz mit einem starken Ergebnis zum neuen Vorsitzenden der Partei gewählt. Das Votum ist ein Vertrauensvorschuss in schwieriger Zeit. Welche Aufgaben warten auf den neuen starken Mann der Konservativen?

Friedrich Merz ist der neue Vorsitzende der CDU. Gewählt mit einem sehr guten Ergebnis von knapp 95 Prozent beim 34. Parteitag. Der 66 Jahre alte Sauerländer hat es nun in der Hand, die Geschicke der Partei zu leiten - nach bislang zwei vergeblichen Anläufen.

Der neue Vorsitzende war sichtlich gerührt, ganz kurz schimmerte es in den Augenwinkeln, als er die Wahl annahm. Das Ergebnis ist ein Vertrauensvorschuss in einer schweren Zeit für die Konservativen. Nicht umsonst bezeichnete Merz Vorgänger im Amt des Parteivorsitzenden, Armin Laschet, das Ergebnis der Union bei der Bundestagswahl als „offene Wunde“ und als „Narbe, die bleibt“. Laschet hatte als Kanzlerkandidat für die Union ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren.  

Der 66-jährige ehemalige Unionsfraktionschef  Merz ist nach einem Rückzug aus der Politik 2004 erneut in der ersten Reihe der Bundespolitik angekommen. Und hat eine große Aufgabe vor sich: Die Volkspartei CDU erhalten, programmatisch neu aufzustellen, für Jüngere attraktiver zu machen.

Armin Laschet  übernahm in seiner Abschiedsrede erneut die Verantwortung für die  desaströse Niederlage und baute Brücken zum neuen Vorsitzenden. Brücken in einer Partei, die sich nach Einheit sehnt. Das überwältigende Ergebnis für Merz ist Ausdruck dieser Sehnsucht. Denn seine Persönlichkeit gefällt nicht jedem, seine bisherigen Standpunkte teilen bei weitem nicht alle in der CDU.

Aber die Narben, die 2021 besonders auch in der Auseinandersetzung mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder zwischen den Schwesterparteien geschlagen wurden, sind immer noch frisch.Diese Zerrissenheit und  auch die Rolle in der Opposition, ist die Chance von Friedrich Merz. Er kann „Abteilung Attacke“, das hat er oft bewiesen. Doch der Sauerländer hat auch genau beobachtet und gelernt. Gelernt, dass er die CDU in eine neue Zeit führen muss. Viele Veränderungen, gerade auch im gesellschaftlichen Bereich, treffen die Bürgerlichen ins Mark. Doch die Zeit, sich darüber zu beklagen, ist vorbei. Vielmehr muss er Lösungen anbieten, die jenseits der Ampel-Politik der Regierung liegen. Friedrich Merz hat das begriffen, er trat in den vergangenen Wochen mit einer neuen Programmatik an, nahm sich selbst auch ein Stück weit zurück.

Merz will eine konservative Sozialpolitik aufbauen. Er greift in seiner Bewerbungsrede Bildungsgerechtigkeit auf, will auch Anwalt der Schwachen sein. Es sind interessante Töne eines Konservativen, der bislang vor allem durch Plädoyers für eine liberale Wirtschaftspolitik auffiel.  Merz  greift auch  Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) direkt an, wirft ihm mangelnde Führung vor allem in der derzeitigen außenpolitischen Krise vor.

Merz muss nun zeigen, dass er beides kann: Integrieren und führen. Die Probe für den neuen Parteichef und die neue Führung steht in den nächsten Wochen bereits an. Bei den Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und am 15. Mai in NRW geht es um die Verteidigung der jeweiligen Regierungsmacht.

Vorher gilt es für Merz eine persönliche Bewährungsprobe zu bestehen. Wie klärt er die Frage des Unions-Fraktionsvorsitzes mit dem selbstbewussten Amtsinhaber Ralph Brinkhaus? Dieser ist bis Ende April gewählt und macht nicht die geringsten Anstalten, seinen Posten freiwillig zu räumen. Wie die beiden Nordrhein-Westfalen den Konflikt ohne einen erneuten öffentlichen Machtkampf lösen wollen, ist derzeit noch unklar.

Friedrich Merz hat es selbst in der Hand, ob aus der neuen Zeitrechnung auch eine Ära wird.

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