Haushaltsdebatte Scholz setzt auf sein Zahlenwerk – und die Groko
Berlin · Der Bundestag berät abschließend über den Etat des Finanzministers für 2020. Die Opposition hält die Planung für nicht zukunftstauglich.
Bilder sagen manchmal mehr als Worte: Wenige Minuten vor dem Start der Haushaltsberatungen standen Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz am Dienstag im Plenum einträchtig beieinander. Ein kurzes, aber intensives Gespräch zwischen der Kanzlerin und ihrem Vize. Die beiden verstehen sich prima, sollte das wohl signalisieren – ein gutes Omen für die Groko. Dabei würden viele Genossen dieses Bündnis lieber heute als morgen beenden. Scholz nicht. Und der aktuelle Etatentwurf für 2020 ist ihm ein gelungener Beleg dafür. Die Bundesregierung habe die Investitionen erhöht, gebe mehr Geld für Klimaschutz und Soziales aus und entlaste steuerlich weite Teile der Bevölkerung. „Ich finde, das ist ein gute Leistung“, meinte der Kassenwart. Überhaupt sei dieser Etat „der Anfang der Haushalte des nächsten Jahrzehnts“, die es schafften, dass Deutschland ein soziales Land werde, den technologischen Wandel beherrsche und den Klimawandel im Rahmen seiner Möglichkeiten aufhalte.
In der Opposition sah man die Sache weniger rosig. FDP-Haushälter Otto Fricke sprach dem Zahlenwerk die Zukunftstauglichkeit ab und warf Scholz Tricksereien vor. Die „schwarze Null“, also ein Etat ohne neue Schulden, wie ihn die Regierung zum siebten Mal in Folge vorlegt, sei nur noch eine „schwarze Null auf Pump“, meinte Fricke. Tatsächlich lässt sich eine Aufnahme neuer Kredite nur vermeiden, indem Scholz auf Reserven in der Asylrücklage zurückgreift und eine „globale Minderausgabe“ in den Etat geschrieben hat. Einsparungen also, von denen noch keiner weiß, wie sie wirksam werden. Auch die grüne Haushaltsfachfrau Anja Hajduk sprach von einer „strukturellen Lücke“ in Scholzens Planung, die sich auf 15 Milliarden Euro summiere. Ähnlich klang es bei der AfD.
„Ja, wir nutzen die Rücklagen für eine expansive Haushaltspolitik“, hielt Scholz indes dagegen. Immerhin 362 Milliarden Euro will der Bund 2020 ausgeben – rund 5,5 Milliarden Euro mehr als in diesem Jahr. Davon sind allein rund 100 Milliarden zur Mitfinanzierung der gesetzlichen Renten veranschlagt. Der mit 45,1 Milliarden Euro zweitgrößte Einzelposten sind die Verteidigungsausgaben. Die Investitionen etwa für Bahn, Kitas oder den digitalen Ausbau sollen sich auf insgesamt fast 43 Milliarden belaufen. Ebenfalls ein neuer Rekord. Bei der sogenannten Bereinigungssitzung vor knapp zwei Wochen, in der die Fachpolitiker traditionell noch einmal um jeden Cent feilschten, waren die Investitionen unter dem Strich sogar noch um 4,5 Milliarden Euro aufgestockt worden. FDP-Mann Fricke rechnete gestern allerdings genüsslich vor, dass 82 Prozent davon auf Wünsche der SPD zurückgegangen seien und die Union sich mit dem kleinen Rest habe begnügen müssen. „Es geht hier nicht darum, Deutschland nach vorne zu bringen“, rief Fricke, „sondern eine Partei zu erhalten, so dass die große Koalition noch weiterwursteln kann.“
Da war es wieder, das Problem der SPD. Am kommenden Samstag wird das Endergebnis der Mitgliederbefragung für den Parteivorsitz verkündet. Scholz und seine Partnerin Klara Geywitz konkurrieren dabei mit dem ehemaligen NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans und der Bundestagsabgeordneten Saskia Esken. Die beiden gelten als Groko-Gegner. Auf den kommenden Bundeshaushalt wird der Ausgang dieses Rennens allerdings keinen Einfluss mehr haben. Der Etat soll bereits am Freitag, also einen Tag zuvor verabschiedet werden.