Die FDP nach der Hamburg-Wahl „Es wurde Vertrauen zerstört“

Berlin · Das Kemmerich-Drama als „Hypothek“: Thüringen hat der FDP bei der Hamburg-Wahl klar geschadet, befindet die Vize-Vorsitzende Katja Suding.

 Katja Suding, FDP-Chefin in Hamburg und stellvertretende Bundesvorsitzende der Liberalen

Katja Suding, FDP-Chefin in Hamburg und stellvertretende Bundesvorsitzende der Liberalen

Foto: dpa/Carsten Rehder

Katja Suding, 44, FDP-Vorsitzende in Hamburg und Vizevorsitzende im Bund, war am Tag nach der Wahl noch immer ziemlich sauer auf ihre Thüringer Parteifreunde. Nicht jedoch auf Parteichef Lindner.

Ist Thomas Kemmerich schuld an Ihrem schlechten Ergebnis in Hamburg?

SUDING Auf jeden Fall waren die Ereignisse in Thüringen für uns eine schwere Hypothek. Wir haben klar gesagt, dass sich ein FDP-Politiker nicht mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lassen darf. Dadurch wurde Vertrauen zerstört. Das haben wir im Wahlkampf deutlich gespürt.

Wie?

SUDING Es war ein ganz anderer Wahlkampf als 2015. Erst gab es das Duell zwischen Herrn Tschentscher und Frau Fegebank um das Amt des Ersten Bürgermeisters. Darauf richtete sich anfangs das ganze Interesse der Medien und auch vieler Bürger. Als das geklärt war und sich Peter Tschentscher in den Umfragen absetze, kam dann Thüringen. Da war es für uns erst recht schwer, mit unseren Themen durchzudringen.

Sie haben auf die Ereignisse in Thüringen damals sofort sehr harsch reagiert. Andere FDP-Politiker wie Wolfgang Kubicki haben Kemmerich hingegen gratuliert. Fehlt Ihnen in der Partei ein klarer gemeinsamer Kompass in solchen wesentlichen Fragen?

SUDING Herr Kubicki hatte in dem Moment gar nicht realisiert, wie die Abstimmung im Thüringer Landtag zustande gekommen war und hat hinterher eingeräumt, dass er da falsch lag. Das war sicher nicht gut, aber wichtig ist, dass er sich dann auch klar von den Vorgängen distanziert hat.

Trägt Christian Lindner mit seiner anfangs sehr zurückhaltenden Reaktion auch Mitschuld?

SUDING Er hat noch am gleichen Tag gesagt, dass er sein Amt als Parteivorsitzender nicht fortsetzen kann, wenn Thomas Kemmerich unter diesen Umständen Ministerpräsident bleibt. Und er ist nach Erfurt gefahren, um Herrn Kemmerich zum Rücktritt zu bewegen.

Da bleiben von Ihnen keinerlei Vorwürfe?

SUDING Nein.

Es gibt ja nicht nur das Thema Thüringen, sondern auch den Konflikt der FDP mit Fridays for future. Ist das Image der FDP als junge, moderne Partei zerstört?

SUDING Das denke ich nicht. Gerade unsere Klimapolitik ist fortschrittlich. Wir setzen nicht auf platte Verbote, sondern auf marktwirtschaftliche Instrumente und Innovationen. Das ist nicht nur moderner, das ist auch effektiver als die Antworten der anderen Parteien.

Vor fünf Jahren war das Hamburger Ergebnis der Auftakt für den Wiederaufstieg der FDP. Ist es jetzt der Auftakt für ihren erneuten Niedergang?

SUDING Wir leben in völlig anderen Zeiten. Damals war die FDP im Bund außerparlamentarisch und Hamburg war der Startschuss für eine Reihe erfolgreicher Landtagswahlen, die am Ende auch zur Rückkehr in den Bundestag führten. Das lässt sich überhaupt nicht vergleichen.

Muss man an Kurs und Inhalten also nichts ändern?

SUDING Die Richtung stimmt, da habe ich keinen Zweifel. Dennoch müssen wir unsere Positionen immer weiterentwickeln. Daran arbeiten wir, etwa mit unseren Konzepten zum lebenslangen Lernen und zu Reformen im Bildungsföderalismus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort