Technoligischer Sprung Extrem sauber und sparsam – Beim Diesel geht doch noch was

Düsseldorf · Der Dieselantrieb wird in der Öffentlichkeit gerne dargestellt als ausgereizte Technologie, als schmutziges Fossil. Seit dem 2015 aufgeflogenen Skandal um manipulierte Abgaswerte und der folgenden Diskussion um Fahrverbote ist der Absatz von Dieselautos in Deutschland fast um die Hälfte eingebrochen.

Dabei loben selbst Umweltschützer die Dieselmotoren der neuesten Generation, die die seit vergangenem September für alle neu zugelassenen Fahrzeuge verbindliche Abgasnorm Euro 6d-temp erfüllen. Den Ingenieuren ist ein technologischer Sprung gelungen.

Die neuen Motoren sind endlich so sauber wie es uns die Industrie mit illegalen Tricks schon vor Jahren vorgaukeln wollte. Das belegen inzwischen zahlreiche Tests. Den ab diesem Jahr geltenden Abgaswert für Stickoxide (NOx) von 120 Milligramm pro Kilometer Fahrstrecke (bisher 168 Milligramm) unterbieten diese Maschinen locker. Mehr als 40 Milligramm NOx stoßen die optimierten Selbstzünder meist nicht mehr aus, einige getestete Modelle lagen sogar noch deutlich darunter. Möglich wird das durch den konsequenten Einsatz von Technik, die in Nutzfahrzeugen, also etwa Lkw und Bussen, schon seit einigen Jahren zur Anwendung kommt: Ein oder sogar zwei Katalysatoren mit Harnstoffeinspritzung, möglichst nahe am warmen Motor platziert, sorgen dafür, dass die modernsten Euro-6-Diesel bis zu 95 Prozent weniger Stickoxide ausstoßen als noch die Fahrzeuge der Euro-5-Generation.

Noch besser sieht es beim Feinstaub aus. Hier ist die Filtertechnik der neuesten Dieselautos so gut, dass ihre Abgase in vielen Fällen sogar sauberer sind als die zuvor in die Motorbrennräume gesaugte Umgebungsluft. Die Abgasspezialisten von Emissions Analytics haben im Auftrag der Zeitschrift „Auto Motor und Sport“ unlängst mit mehreren Autos unterschiedlicher Fabrikate im feinstaubgeplagten Stuttgart entsprechende Tests unter Alltagsbedingungen durchgeführt. Ergebnis: Tatsächlich holen die modernen Filtersysteme mehr Partikel aus der Umgebungsluft, als der Wagen selber ausstößt.

Weil der Diesel jetzt wirklich sauber ist, kann er auch seinen größten Trumpf wieder ausspielen – seine unglaubliche Effizienz. Was den Treibstoffverbrauch und damit unmittelbar auch den Ausstoß des Treibhausgases CO2 angeht, liegen Selbstzünder um 15 bis 20 Prozent besser als Benziner. Mit anderen Worten: um Welten. Zwar haben einige Hersteller den Verbrauch ihrer Modelle mit Ottomotor durch den Einbau kleiner 48-Volt-Elektromotoren (sogenannte Mild-Hybride) nochmals um etwa zehn Prozent drosseln können. Die modernsten Diesel-Aggregate, wie zum Beispiel der neue 2-Liter-TDI von Volkswagen, kommen dagegen auf Einsparungen, die fast doppelt so hoch sind. 3,7 Liter Verbrauch auf 100 Kilometer weist VW für den 115-PS-Motor aus, 17 Prozent weniger als beim Vorgängermodell. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von nur noch 97 Gramm pro Kilometer. Und eine Tankfüllung reicht locker für 1000 Kilometer Reichweite.

Eingebaut wird der neue TDI zunächst im Passat und im Golf 8. Zwar will Volkswagen in diesem Jahr praktisch gleichzeitig mit dem vollelektrischen ID 3 auf den Markt kommen, aber mehr als 100 000 Batterieautos werden die Wolfsburger schon aus Kapazitätsgründen schwerlich unters Volk bringen können. Der neue Golf soll sich dagegen 800 000 Mal verkaufen – am besten besonders häufig mit Dieselantrieb, denn nur so wird der Konzern die von der EU festgelegten Höchstgrenzen beim Flottenverbrauch und damit beim CO2-Ausstoß einhalten können. Die komplexe Abgasreinigung hat Dieselfahrzeuge der Kompaktklasse bisher nicht unerschwinglich verteuert. VW ruft für den Golf mit 115-PS-TDI in der mittleren Ausstattungsvariante rund 29 000 Euro auf. Das liegt auf dem Preisniveau des Vorgängers.

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