Corona-Impfquote in Deutschland Saarländischer Ethik-Experte fordert Impfpflicht für Taxifahrer und Pflegekräfte

Augsburg/Saarbrücken · Die juristischen Hürden für eine solche Impfpflicht hält Wolfram Henn, Humangenetiker und Medizinethiker, für klein. Menschen in bestimmten Berufsgruppen müssten stärker in die Verantwortung genommen werden als andere.

Experte aus dem Saarland fordert Impfpflicht für Pflegekräfte und Taxifahrer
Foto: dpa/Jörg Carstensen

Der Saarbrücker Humangenetiker und Medizinethiker Wolfram Henn fordert eine Impfpflicht für Mitarbeiter in der Personenbeförderung. „Eine Krebspatientin sollte sich darauf verlassen können, dass der Taxifahrer, der sie zur Chemotherapie bringt, sie nicht unnötig gefährdet“, schreibt das Mitglied des Deutschen Ethikrats in einem Gastbeitrag für die „Augsburger Allgemeine“. Auch Lehrkräfte und Pflegepersonal müssten zur Impfung verpflichtet werden.

Die juristischen Hürden hält Henn für klein. Wenn man bereits bestehende Vorgaben des Arbeits- und des Beamtenrechts sinnvoll anwende, lasse sich schon jetzt eine berufsbezogene Impfpflicht realisieren. Eltern von Schulkindern rät der an der Universität des Saarlandes arbeitende Mediziner, die Lehrer gezielt zu fragen, ob sie geimpft seien. Dadurch entstehe bei Impfgegnern zumindest die moralische Pflicht, sich rechtfertigen zu müssen.

Bei Pflegepersonal müsse Patientenschutz vor Datenschutz gehen. Es dürfe nicht sein, dass eine hochgefährdete Patientin nicht erfährt, ob die zu ihr ins Haus kommende Pflegeperson geimpft oder als „ambulanter Superspreader“ unterwegs sei, betonte Henn.

Die Politik habe sich in der Debatte schon zu Beginn „selbst Fesseln angelegt“, kritisiert Henn weiter. Da man sich schon so früh gegen eine Impfpflicht ausgesprochen habe, sei man jetzt durch „das Pfand“ der eigenen Glaubwürdigkeit gebunden. Für Lehrer, Pflegekräfte und andere Personen in besonderer beruflicher Verantwortung ende das Recht auf „individuelle Unvernunft“ aber aufgrund des Anspruches der ihnen anvertrauten Menschen auf Schutz.

Eine strenge Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen, wie sie zum Beispiel bereits in Frankreich gilt, sei sowohl aus ethischer als auch aus rechtlicher Sicht außerdem keine Diskriminierung, da es sich nicht um eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung handele. Die Impfpflicht sei dadurch gerechtfertigt, dass Menschen, die für Andere professionelle Verantwortung übernehmen, sich stärker als die Allgemeinheit in die Pflicht nehmen lassen müssen“, schreibt Henn, der seit 2013 stellvertretender Vorsitzender der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer und seit 2016 Mitglied des Deutschen Ethikrates ist.

(epd)
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