Europäischer Polizeikongress Zahl rechtsextremer Gefährder dürfte steigen

Berlin · Die Zahl der rechtsextremistischen „Gefährder“ in Deutschland dürfte nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden deutlich höher sein als bekannt. Die Staatsschützer der Polizei müssten prüfen, „ob wir die Zahl der Eingestuften erhöhen müssen, wovon wir ausgehen“, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, am Mittwoch beim Europäischen Polizeikongress in Berlin.

„Wir müssen stärker schauen, ob wir alle Personen wirklich kennen.“

Aktuell stuft die Polizei 53 der bundesweit rund 12 700 gewaltbereiten Rechtsextremisten als Gefährder ein. Ende 2012 hatte sie erst 22 rechte Gefährder auf dem Schirm. Als Gefährder bezeichnet die Polizei im Bereich der politisch motivierten Kriminalität Menschen, denen sie schwere Gewalttaten bis hin zu Terroranschlägen zutraut.

Wie hoch das Risiko ist, das von jedem Einzelnen der rechten Gefährder ausgeht, soll in Zukunft mit einem neu zu entwickelnden System eingeschätzt werden. Für die aktuell rund 670 islamistischen Gefährder gibt es bereits ein solches System, das bei der Auswahl der angemessenen Polizeimaßnahmen hilft. Für die Beurteilung von rechtsextremistischen Gefährdern soll es laut Münch Ende 2021 vorliegen. Um ein solches System zu entwickeln, schauen sich die Entwickler zuerst die Biografien bekannter Rechtsterroristen an und versuchen dann, daraus Vorhersagen abzuleiten.

Allerdings haben gerade die beiden rechtsterroristischen Anschläge in Hessen und Sachsen-Anhalt 2019 gezeigt, dass es keine Schablone gibt, die auf alle potenziellen Täter passt. Stephan E., der mutmaßliche Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, gehörte als junger Mann zur Neonazi-Szene, hat dann aber wohl mehrere Jahre lang nicht mehr an Gewalt-Aktionen teilgenommen. Stephan B., der in Halle nach einem gescheiterten Angriff auf eine voll besetzte Synagoge zwei Menschen erschossen hat, war dagegen fast ausschließlich in der digitalen Welt vernetzt.

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