Brüsseler Kommission plant Konferenz zur Zukunft Europas Bürger sollen beim Thema EU-Reformen mitreden

Brüssel · Die oft als bürokratisch und undemokratisch gescholtene EU macht einen neuen Versuch, die Bürger mehr mitreden zu lassen. Man werde zuhören und auf Wünsche der Europäer reagieren, versprach die EU-Kommission am Mittwoch bei der Vorstellung ihrer Ideen für die geplante Konferenz zur Zukunft Europas.

 EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will künftig mehr Bürgernähe.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will künftig mehr Bürgernähe.

Foto: dpa/Virginia Mayo

Dabei sei man auch offen für Reformen, die eine Änderung der EU-Verträge nötig machen würden, sagte Kommissionsvizepräsidentin Dubravka Šuica. „Alle Themen liegen auf dem Tisch.“

Die auf zwei Jahre angelegte Reformkonferenz soll voraussichtlich am 9. Mai beginnen – 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs. An dem Tag jährt sich auch zum 70. Mal die Rede des damaligen französischen Außenministers Robert Schuman zur Gründung der Produktionsgemeinschaft Kohle und Stahl, eines Vorläufers der EU. Enden soll die Konferenz im Frühjahr 2022.

Erklärtes Ziel ist eine demokratischere und bürgernähere EU. „Ich wünsche mir, dass alle Europäer zur Konferenz zur Zukunft Europas aktiv beitragen und eine führende Rolle beim Setzen der künftigen Prioritäten spielen können“, erklärte auch Kommissionschefin Ursula von der Leyen. „Nur gemeinsam können wir die Union von morgen aufbauen.“

Dafür schlägt die Kommission nicht nur Diskussionsrunden mit Bürgern und EU-Politikern in ganz Europa vor, sondern auch eine Internetplattform, über die man sich beteiligen kann. Aus Sicht der Kommission soll es um die großen künftigen Ziele gehen, aber auch um das Funktioneren der Brüsseler Institutionen.

Ein Anlass der Reformdebatte sind Forderungen des Europaparlaments nach mehr Einfluss bei der Besetzung von Spitzenposten. Vor der Europawahl 2019 hatte das Parlament darauf bestanden, dass einer der Spitzenkandidaten der Parteien Chef der EU-Kommission wird. Doch dann nominierten die EU-Staats- und Regierungschefs am Parlament vorbei Ursula von der Leyen. Sie sagte die Konferenz auch zu, um den Konflikt mit dem Parlament zu entschärfen.

Bevor die Konferenz starten kann, müssen sich EU-Kommission, Parlament und EU-Staaten einig werden, welche Ziele sie verfolgen soll. Die Grünen im Europaparlament forderten tiefgreifende Reformen. „Ich erwarte von der Kommission ein klares Bekenntnis zu Vertragsänderungen“, erklärte der Europaabgeordnete Daniel Freund der Deutschen Presse-Agentur. Vertragsänderungen gelten als heikel, weil dafür in einigen EU-Staaten Volksabstimmungen nötig würden. In der Vergangenheit hatten sich bei solchen Referenden EU-Kritiker durchgesetzt.

Die sozialdemokratische Fraktionschefin Iratxe García lobte den Ansatz der Kommission, aus der Brüsseler Blase herauszukommen und den Bürgern zuzuhören. Sie bemängelte aber, dass nicht klar sei, wie der Dialog gestaltet und wie Konsequenzen daraus gezogen werden sollen. Auch die FDP-Europapolitikerin Nicola Beer warnte davor, „den Prozess im Sande verlaufen zu lassen“.

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