Bis 2050 soll die EU klimaneutral werden EU-Kommission legt erstes Klimaschutz-Gesetz vor

Brüssel · Es ist das erste Klimaschutz-Gesetz der EU. Für die Präsentation an diesem Mittwoch holt sich die Brüsseler Kommission prominente Unterstützung: Die 17-jährige schwedische Klimaschutz-Aktivistin Greta Thunberg wollte eigens aus Stockholm anreisen, um als Vertreterin der jungen Generation dem Aufbruch der Gemeinschaft in eine klimaneutrale Zukunft zusätzlichen Glanz zu verleihen.

 Klimaaktivistin Greta Thunberg will die junge Generation in Brüssel vertreten.

Klimaaktivistin Greta Thunberg will die junge Generation in Brüssel vertreten.

Foto: dpa/Aaron Chown

Dabei zeichnete sich schon im Vorfeld ab, dass das Papier der EU-Behörde die parlamentarischen Beratungen nicht ungerupft überstehen dürfte.

Der Entwurf des Gesetzes, der unserem Brüsseler Büro vorliegt, schreibt das Ziel fest: Bis 2050 soll die EU klimaneutral werden. Dazu steigen die Mitgliedstaaten aus den fossilen Energiequellen wie Kohle, Gas und Öl aus. Nach 2050 müssen die sogenannten negativen Emissionen, also die Menge an Treibhausgasen, die der Atmosphäre entzogen wird, größer sein als die ausgestoßenen Klimakiller. Alle Mitgliedstaaten werden verpflichtet, die dazu notwendigen Schritte einzuleiten. 2030 muss ein erstes Etappenziel erreicht sein: Bis dahin soll die Union die Abgabe von Treibhausgasen nicht nur um 40 Prozent – wie bisher beschlossen – abbauen, sondern um 50 bis 55 Prozent. Ein genauer Fahrplan dazu soll bis Mitte 2021 vorliegen. Ab September 2023 will die Europäische Kommission alle fünf Jahre die Fortschritte der Mitglied-
staaten bewerten.

Doch die Kritik fiel schon am Tag vor der offiziellen Vorstellung des Paketes heftig aus. Zwar nannte der CDU-Umweltpolitiker und Europa-Abgeordnete Peter Liese die Pläne „richtig und machbar“. Aber er warnte zugleich vor einer Anhebung der Einspar-Ziele auf mehr als 50 Prozent innerhalb der nächsten zehn Jahre: „Wir müssen realistisch sein. Wir wollen weiterhin ein Industrie-Kontinent bleiben“, sagte er mit Blick auf die großen Risiken für die Wirtschaft. Schon die Anhebung von 40 auf 50 Prozent sei „sehr ambitioniert“. Das dürfte Streit geben, denn Sozialdemokraten und Grüne wollen mehr. „Der Vorschlag in der uns vorliegenden Fassung weist noch große Schwachstellen auf, die wir im Parlament nachbessern werden“, erklärte der umweltpolitische Experte der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Tiemo Woelken, auf Anfrage. „Wir müssen auf dem Weg zur Klimaneutralität ambitioniert beginnen und dürfen keine Zeit mehr verlieren. Dafür sind verbindliche Reduktions-Zwischenziele unerlässlich, vor allem muss es ein Ziel für 2030 geben, welches bei einer Reduktion von 55 Prozent liegt.“

Noch gravierender dürften allerdings andere Defizite des Kommissionsvorschlages sein. Konkrete Angaben über Einzelschritte fehlen. Und auch zu den Beiträgen, die die Mitgliedstaaten zu leisten hätten, um die gemeinsame Vorgabe zu erreichen, schweigt die Kommission. Stattdessen schlägt sie, so der Entwurf des Papiers, ein anderes Instrument vor. Ab 2030 will die Behörde die erreichten Fortschritte der einzelnen Länder nicht nur überprüfen, sondern auch selber eingreifen können. Dazu wird ein sogenannter „delegierter Rechtsakt“ vorgeschlagen. Die Kommission hätte dann alle Macht, um eine Regierung zur Einhaltung von Vorgaben zu zwingen – mit gravierenden Folgen: Weder die Regierenden in den Hauptstädten noch die Abgeordnetenkammer in Straßburg hätten in diesem Fall das volle Mitspracherecht wie bei einem Gesetzgebungsverfahren.

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