Steuerschätzung Ein bunter Strauß von Ideen für den enger werdenden Haushalt

Berlin · Finanzminister Olaf Scholz muss verkünden, dass die Steuern nicht mehr so stark sprudeln wie bisher. Welche Ausgaben sind jetzt noch möglich?

  Olaf Scholz musste hohe Steuer-Erwartungen dämpfen.

Olaf Scholz musste hohe Steuer-Erwartungen dämpfen.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Steuerschätzer gehen davon aus, dass Bund, Länder und Kommunen bis 2023 insgesamt 124,3 Milliarden Euro weniger einnehmen als man im Herbst erwartet hatte. Hintergrund ist die schwächelnde Konjunktur. Derweil fehlt es nicht an Ratschlägen, wie die Groko auf die enger werden Haushaltsspielräume reagieren soll. Nachfolgend eine Bestandsaufnahme der Ideen:

Konjunkturpaket: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat ein Konjunkturprogramm für staatliche Investitionen in zweistelliger Milliardenhöhe gefordert. Nötig seien eine Entlastung der Arbeitnehmer sowie Investitionen in Innovationen und Infrastruktur, meinte Dobrindt. Finanzminister Olaf Scholz und Regierungssprecher Steffen Seibert erteilten dem aber eine Absage. Begründung: Zwar komme die Konjunktur in „unruhigeres Fahrwasser“, das Wachstum sei aber weiter aufwärts gerichtet. Auch der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, wies darauf hin, dass es keiner weitergehenden konjunkturpolitischen Impulse bedürfe, weil die Wirtschaft immer noch wachse und keine Rezession erkennbar sei.

Betriebliche Entlastungen: Für eine Unternehmenssteuerreform machten sich naturgemäß die Wirtschaftsverbände stark – und erhielten dafür gestern Rückendeckung. von ungewohnter Seite. „Mit fast 30 Prozent Unternehmenssteuern gegenüber 15 Prozent zum Beispiel in den USA verlieren wir einfach massiv an Attraktivität“, meinte Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel. In der SPD vertritt Gabriel damit eher eine Einzelmeinung. Sein Parteifreund Scholz sprach sich gestern „gegen Dumpingwettbewerbe“ bei den betrieblichen Steuern aus.

Solizuschlag: Im Koalitionsvertrag ist für 2021 vereinbart, den Solidaritätszuschlag für 90 Prozent aller Zahler abzuschaffen. Weiter zahlen soll nur, wer besonders viel verdient. Die Union hatte sich zuletzt für eine komplette Streichung des Solis stark gemacht, um damit ein noch deutlicheres Entlastungssignal zu setzen. Doch ausgerechnet der Chefhaushälter der Unionsfraktion Eckhardt Rehberg (CDU) sagte jetzt, er sehe „keinen Spielraum für weitere Steuersenkungen“. Bei der SPD rannte er damit offene Türen ein.

Sparen: Dieses Wort war praktisch schon aus dem Sprachschatz der Groko verschwunden. Von der Opposition und Verbänden wurde sie daran nun wieder erinnert. „Keine neuen Ausgaben und Subventionen“, forderte FDP-Chef-Christian Lindner. Auch schon beschlossene Maßnahmen müssten überprüft werden. Als Beispiel nannte Lindner das milliardenschwere Baukindergeld. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund mahnte, „dass es nicht damit weitergehen darf, insbesondere die Ausgaben und Versprechungen im Sozialbereich weiter zu steigern“. Ähnlich klang es beim Bund der Steuerzahler. Weder die CSU wird allerdings von ihrem Baukindergeld abzubringen sein, noch die SPD von der geplanten Grundrente.

Neue Schulden: Die Linken waren die einzigen, die auf die Steuerschätzung mit der Forderung nach neuen Schulden reagierten. „Es ist höchste Zeit, die Binnennachfrage zu stärken. Das Festhalten an der ‚Schwarzen Null‘ führt uns direkt in die Wirtschaftskrise“, warnte die Haushaltsexpertin der Linksfraktion, Gesine Lötzsch. Die Schuldenbremse müsse aus dem Grundgesetz gestrichen werden, sonst bremse man sich zu Tode.

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