Debatte im Bundestag Diskriminierung bei der Blutspende?

Berlin · Homo- und Transsexuelle dürfen nur dann Blut spenden, wenn sie ein Jahr lang keinen Geschlechtsverkehr hatten. FDP und Grüne wollen diese Richtline abschaffen.

 In Deutschland sind Blutspenden knapp. Dennoch sind nicht alle berechtigt zu spenden: Homosexuelle etwa sind weitgehend ausgeschlossen.

In Deutschland sind Blutspenden knapp. Dennoch sind nicht alle berechtigt zu spenden: Homosexuelle etwa sind weitgehend ausgeschlossen.

Foto: dpa/Thomas Frey

Blutspenden sind in Deutschland ein knappes Gut. Trotzdem herrscht für homosexuelle und transgeschlechtliche Menschen praktisch ein Blutspendeverbot. FDP und Grüne wollen das ändern. An diesem Mittwoch wird der Bundestag darüber debattieren.

Nach der geltenden „Richtlinie Hämotherapie“ der Bundesärztekammer dürfen homo- und transsexuelle Personen nur Blut spenden, wenn sie ein Jahr lang keinen Geschlechtsverkehr hatten. Entsprechende Angaben müssen auch im Fragebogen im Vorfeld einer Blutspende gemacht werden. Damit sind diese Menschen in aller Regel von einer Blutspende ausgeschlossen, es sei denn, sie würden bewusst Sexualkontakte verschweigen.

FDP und Grüne sehen darin eine Diskriminierung, weil diesen Menschen pauschalisierend ein risikoreiches Sexualverhalten unterstellt werde. Entscheidend müsse jedoch stets das individuelle Verhalten sein. Beide Oppositionsparteien brachten entsprechende Anträge ein, die an diesem Mittwoch im Bundestag beraten werden sollen. Gemeinsames Ziel ist die Beseitigung dieses Zustands. „Wenn jemand ungeschützten Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partnerinnen hat, dann ist das ein Risikoverhalten, egal, welche sexuelle Orientierung dieser Mensch hat“, erläuterte der grüne Sozialpolitiker Sven Lehmann im Gespräch mit unserer Redaktion. Während aber der Heterosexuelle grundsätzlich als geeigneter Blutspender gelte und nur bei diesem Risikoverhalten ausgeschlossen sei, „werden Männer liebende Männer grundsätzlich von der Blutspende ausgeschlossen, es sei denn, sie haben zwölf Monate keinen Sex“. Das gelte im Unterschied zu Heterosexuellen auch dann, wenn er etwa monogam lebe. „Das ist quasi die Umkehr der Beweislast. Hier zeigt sich die ganze Willkür dieser Richtlinie“, kritisierte Lehmann.

Nach Auskunft der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung werden in Deutschland etwa 14 000 Blutspenden benötigt – pro Tag. Beim Deutschen Roten Kreuz geht man davon aus, dass 80 Prozent der Menschen wenigstens einmal im Leben auf eine solche Spende angewiesen sind. Doch nur zwei bis drei Prozent der Bevölkerung lassen sich dafür regelmäßig „anzapfen“. Davon scheiden aber jedes Jahr rund 100 000 Menschen zum Beispiel wegen bestimmter Krankheiten aus. Deshalb mangelt es häufig an Spenden.

Die Bundesärztekammer wies den Vorwurf der Diskriminierung weit von sich. Die Sicherheit der Blutspender ebenso wie der Blutspenden beruhe auf einer sehr sorgfältigen medizinischen Beurteilung, versicherte ein Sprecher auf Nachfrage. Dabei gehe es um eine „verhaltensassoziierte Beurteilung“ der Spendetauglichkeit auch im Hinblick auf ein deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko für schwere Infektionskrankheiten infolge des Sexualverhaltens, erklärte der Sprecher. Im Bundesgesundheitsministerium verwies man derweil auf eine gerade erst in Kraft getretene Klarstellung im Transfusionsgesetz, wonach die „gruppenbezogene Rückstellung“ von der Blutspende im Falle neuer medizinischer Erkenntnisse auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen ist.

Für die Opposition sind das allerdings nur Nebelkerzen. Die aktuelle Änderung im Gesetz „beendet die Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern und transgeschlechtlichen Menschen bei der Blutspende nicht“, rügte Grünen-Experte Lehmann.

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