Seehofer unter Druck Die verschobene Revolution

München · Der Sturz des Königs bleibt vorerst aus: Die CSU-Landtagsfraktion in München gibt Parteichef Horst Seehofer erst einmal Rückendeckung.

 CSU-Chef Horst Seehofer steht bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen unter Druck.

CSU-Chef Horst Seehofer steht bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen unter Druck.

Foto: dpa/Sven Hoppe

(dpa) Manchmal gleicht die Wirklichkeit bei der CSU einem fein inszenierten Drama. Am gestrigen Mittwoch spielt sich dieses vor und hinter den Türen des CSU-Fraktionssaals im bayerischen Landtag ab und dauert rund viereinhalb Stunden. Am Ende bleibt der Sturz des Königs zwar wie erwartet aus, ein freiwilliges Abdanken sowieso. Doch eine mögliche Revolution ist lediglich vertagt – bis Mitte November.

CSU-Chef Horst Seehofer, der nach dem CSU-Wahlfiasko vom Sonntag parteiintern massiv in der Kritik steht, schafft es also, die Fraktion hinter sich zu scharen und Rücktrittsforderungen einzudämmen – vorerst. „Es gibt jetzt so eine Art Stillhalteabkommen bis zum Parteitag“, sagt einer der 101 Abgeordneten. Und sogar Seehofers Möchtegern-Nachfolger Markus Söder hält still. Die „Zeitachsen“ seien gut, sagt der Franke.

Doch die viereinhalb Stunden haben es in sich. Erst einmal Auftritt Seehofer. Der setzt das fort, was er draußen vor den Kameras schon begonnen hatte: eine Attacke auf seine Kritiker. Die gefährdeten den CSU-Erfolg in Berlin, machten die Partei lächerlich. Dann Auftritt der Unterstützer, darunter Innenminister Joachim Herrmann und der neue Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, die vor einer Personaldebatte warnen. Erst dann kommen nach und nach die „normalen“ Abgeordneten dran. So viele wollen etwas sagen. Die viereinhalb Stunden reichen nicht aus. Die Kritiker kommen spät an die Reihe, darunter die beiden Abgeordneten Alexander König und Petra Guttenberger, die erneut einen personellen Neuanfang fordern. Kultusstaatssekretär Georg Eisenreich springt bei: Sonst schlittere die CSU in eine weitere Niederlage.

Ein kleiner Spannungs-Höhepunkt zwischendurch: Seehofer droht (jedenfalls wird das drinnen so wahrgenommen) Finanzstaatssekretär Albert Füracker mit Konsequenzen, weil der am Vortag von einem „geordneten Übergang“ 2018 gesprochen hatte. Erst als Eisenreich und andere protestieren, relativiert Seehofer seine Drohung.

Am Ende aber sind sich alle einig: Seehofer hat nun erst einmal den klaren Auftrag, in Berlin möglichst viele CSU-Positionen durchzusetzen, insbesondere die Obergrenze für neue Flüchtlinge. Nur: Das wird schon gegenüber der CDU und der Kanzlerin nahezu unmöglich – und gegenüber möglichen Koalitionspartnern erst recht. Was dann? Kritisch für Seehofer könnten Diskussionen mit der Basis werden, die er ankündigt, vor allem aber der große CSU-Parteitag Mitte November. Sollte er nicht mit ausreichend Beute aus Berlin zurückkommen, sollte ihm der Zorn der Basis entgegenschlagen, könnte es für Seehofer eng werden.

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