"Die Männer müssen sich keine Sorgen machen"

Für die neue stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Julia Klöckner, ist die Union inzwischen die einzige Volkspartei in Deutschland. Im Gespräch mit unserer Zeitung fordert die Rheinland-Pfälzerin ihre Partei auf, die Debatte über das konservative Profil zu beenden und nicht auf die Grünen zu schielen.

Frau Klöckner, Sie haben als CDU-Vize das beste Wahlergebnis erzielt, auch Ursula von der Leyen in den Schatten gestellt. Sind Sie die neue Kronprinzessin der Kanzlerin?

Julia Klöckner: Die Zeiten der Monarchie sind zum Glück vorbei. Gibt es keine neuen Leute in der Parteiführung, heißt es, der Union fehlt der Nachwuchs. Und wenn doch, wird gleich behauptet, da scharren welche mit den Hufen. Das ist doch alles Quatsch. Angela Merkel hat eine absolut unangefochtene Position.

Da liegt die Frage nahe, ob die CDU nicht inzwischen zu sehr auf Merkel ausgerichtet ist. Ist dem so?

Julia Klöckner: Wenn dem so wäre, hätten wir auf dem Parteitag nicht lebhaft über bessere Rente für Mütter oder die Rechte gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften diskutiert. Nein, wir sind und bleiben eine selbstbewusste Volkspartei. Das schließt nicht aus, dass sich die CDU hinter einer erfolgreichen Vorsitzenden versammelt. Das ist ein gutes Zeichen für das anstehende Wahljahr.

Unter Merkel hat die Union aber auch deutlich an Substanz verloren. Vor allem in den Großstädten.

Julia Klöckner: Ich bezweifle, dass wir an Substanz verloren haben. Wir haben eine Kanzlerin, die hohes Vertrauen in der Bevölkerung genießt. Deutschland hat ein immenses Ansehen in Europa. Die CDU ist noch die einzige Volkspartei in Deutschland. Aber auch wir verlieren mal Wahlen in den Städten, so ist Demokratie. Wir gewinnen aber auch. In den Städten bei den Urwahlen hängt das stark von Personen ab, weniger von der Programmatik. Als Partei müssen wir uns daher in den Großstädten stärker für unkonventionelle Köpfe öffnen.

Verändert es die CDU, wenn vor allem die Frauen auf dem Vormarsch sind?

Julia Klöckner: Unsere Männer müssen sich keine Sorgen machen, Unionsfrauen sind nicht verbissen, sondern verbindlich. Auf eine gute Balance von Männern und Frauen kommt es an. Wir hatten hier Nachholbedarf. Aber im Ernst: Lange Zeit hieß es doch, die CDU sei die Partei der alten Herren. Jetzt wird nur noch über die Frauen geredet. Die Wahrheit ist: Wir schwanken nicht von einem Extrem ins andere. Unsere Partei ist ein Abbild der Gesellschaft und Abbild gesellschaftlicher Debatten.

Wie konservativ ist die CDU denn noch?

Julia Klöckner: Diese Debatte geht an der Wirklichkeit vorbei. Wir sind nicht die konservativ-demokratische Partei, sondern die christdemokratische. Es nervt mich, dass einige ständig einfordern, die Union müsse konservativer sein ohne zu erklären, was sie darunter verstehen. Wir sind nicht struktur-, sondern wertkonservativ und dabei offen für Neuerungen. Es geht um Haltung und Sein. Da muss man nicht ständig über Worthülsen reden.

Ist die Zeit reif für Schwarz-Grün?

Julia Klöckner: Bei den Grünen gibt es nette Leute, aber das reicht nicht. Das aktuelle Programm der Grünen ist ein scharfer Linkskurs, mit Steuererhöhungen und Enteignungstendenzen. Die Schnittmengen sind nicht größer, sondern seit dem Grünen-Parteitag kleiner geworden. Die schwarz-grüne Debatte ist etwas für den Feuilleton.

Wie verstehen Sie ihre neue Rolle als stellvertretende CDU-Vorsitzende?

Julia Klöckner: Ich will authentisch bleiben. Aufgrund meines Alters - ich bin die Jüngste in der neuen Führungsriege - ist für mich das Thema Generationengerechtigkeit und soziale Fairness zentral. Das heißt, heute an morgen denken und auf solide Finanzen wert legen, auch das hat was mit Fairness gegenüber den Enkeln zu tun.

Also muss die Union sozialer werden?

Julia Klöckner: Soziale Fairness definiere ich anders als die Rot-Grünen. Ich verstehe darunter nicht Geschenkeverteilung auf Kosten anderer, sondern solide Finanzen, nachhaltige Bildung und den Zusammenhalt der Generationen. Bei Letzterem geht es mir vor allem um das Thema Pflege, denn wir steuern in diesem Bereich auf einen Notstand zu. Konkret plädiere ich für eine Pflegekammer, die die Interessen der Betroffenen bündelt und sie vertritt. Und die CDU Rheinland-Pfalz will, dass das dritte Umschulungsjahr für angehende Pflegekräfte endlich von der Bundesagentur für Arbeit getragen wird.

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