Spitzenkandidaten benannt Die Linke peilt zehn Prozent plus X an

Berlin · Mit dem Spitzenduo Janine Wissler und Dietmar Bartsch zieht die Linke in den Bundestagswahlkampf. Das gemeinsame Ziel ist ehrgeizig.

 Parteichefin Janine Wissler und Fraktionschef Dietmar Bartsch treten als Spitzenkandidaten der Linkspartei zur Bundestagswahl im September an. Beide repräsentieren unterschiedliche Strömungen der Partei.

Parteichefin Janine Wissler und Fraktionschef Dietmar Bartsch treten als Spitzenkandidaten der Linkspartei zur Bundestagswahl im September an. Beide repräsentieren unterschiedliche Strömungen der Partei.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Nach der SPD, den Grünen und der Union hat auch die Linke ihre personellen Weichen für den Bundestagswahlkampf gestellt: Als Spitzenkandidaten für die Partei gehen Janine Wissler (39) aus Hessen und Dietmar Bartsch (63) aus Mecklenburg-Vorpommern ins Rennen. Das beschloss der Vorstand mit gut 86 Prozent der Stimmen am Montag in Berlin.

Sonderlich überraschend kam die Entscheidung nicht. Sie hatte sich schon seit einigen Wochen abgezeichnet. Ungewöhnlich war allerdings die Tatsache, dass sich die Partei darüber nicht zerstritt wie in früheren Zeiten. Fraktionschef Bartsch war bereits im Wahljahr 2017 als Spitzenkandidat angetreten. Damals noch gemeinsam mit seiner Co-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, die das Erscheinungsbild ihrer eigenen Partei zuletzt stark kritisierte („Lifestyle-Linke“). Die damaligen Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger ließen seinerzeit nichts unversucht, um Bartsch und Wagenknecht auszubremsen.

Die neue Harmonie erklärt sich auch daraus, dass Wissler selbst Teil der Parteiführung ist. Ende Februar wurde die Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag gemeinsam mit der Thüringerin Susanne Hennig-Wellsow zum Chefinnen-Duo der Linken gewählt. Mit der Spitzenkandidatur auf Bundesebene ist Wissler der Shooting-Star der Partei.

Bartsch steht seit 2015 an der Spitze der Linksfraktion im Bundestag. Er gilt auch als Anführer des Realo-Flügels seiner Partei. Wissler indes wird den sogenannten Bewegungslinken zugerechnet, einer eher radikal orientierten Strömung in der Linken. Sie selbst gehörte bis zum vergangenen Jahr der trotzkistischen Gruppe Marx21 an, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Aus Sicht der Linken und ihrer Flügelarithmetik werden Bartsch und Wissler drei Anforderungen gerecht: Mann und Frau, Ost und West, pragmatisch und „links pur“.

Nach der offiziellen Bekanntgabe der Spitzenkandidatur stellte Wissler am Montag noch einmal ihre außenpolitischen Positionen heraus, die einer möglichen grün-rot-roten Regierungsbildung im Herbst eher im Wege stehen würden. Dazu zählen ein Stopp von Waffenexporten, das Ende aller Bundeswehreinsätze im Ausland und eine Absage an die Nato. Die jüngste Forderung von Grünen-Chef Robert Habeck nach einem Bekenntnis der Linken zum transatlantischen Bündnis hatte Wissler schon klar abgelehnt. Einer Regierungsbeteiligung steht sie allerdings ähnlich wie Bartsch offen gegenüber. Wenn es zu einer Mehrheit jenseits der Union komme, stünden Linke, Grüne und SPD in der Verantwortung, dies zu nutzen, meinte Wissler.

Das zentrale Thema der Linken bleibt wie schon in früheren Wahlkämpfen die soziale Umverteilung. „Es geht nicht um kleine Korrekturen, es geht um einen Richtungswechsel“, erklärte Wissler. So müsse „Schluss“ sein mit Minijobs, befristeten Arbeitsverhältnissen und Leiharbeit. Zugleich sprach sich Wissler für eine Abschaffung der Rente mit 67 und einen Mindestlohn in Höhe von 13 Euro pro Arbeitsstunde aus. Auch Bartsch mahnte mehr soziale Gerechtigkeit im Land an: „Wir kämpfen für die Millionen, die zu Mini-Löhnen schuften müssen“. Bei der Bundestagswahl gehe es um eine Weichenstellung. „Je stärker die Linke, desto sozialer das Land“, meinte Bartsch.

Gegenwärtig dümpelt die Partei in den Umfragen nur zwischen sechs und acht Prozent. Bei der Wahl 2017 waren es am Ende 9,2 Prozent. Doch der Co-Spitzenkandidat lässt sich nicht verdrießen: Umfragen könnten sich „innerhalb von Tagen“ ändern, sagte Bartsch. Der „Maßstab“ für die Linke sei ein zweistelliges Wahlergebnis, setzte er selbstbewusst hinzu.

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