Gesundheitsbusse der Deutschen Bahn Die rollende Praxis als Rezept gegen ländlichen Arztmangel

Berlin · Der Hausarzt im Ort geht in Rente, doch ein Nachfolger findet sich nicht. Um Abhilfe zu schaffen, werden flexible Lösungen getestet – wie der „Medibus“.

Das Postamt ist längst verschwunden, der Dorfladen zu. Und was wird aus der Arztpraxis? Die medizinische Versorgung wird gerade in kleineren Orten in Deutschland zusehends schwieriger. Die Politik versucht gegenzusteuern, auch mit mehr finanziellen Anreizen für Landärzte. Doch in dünn besiedelten Regionen sind feste Praxen oft nicht mehr leicht zu betreiben. Helfen sollen mobile Angebote, bei denen sich auch die Deutsche Bahn stärker engagieren will. Eine Bestandsaufnahme.

Was ist das Konzept der Bahn?

Der bundeseigene Konzern bietet so etwas wie „Gesundheitsbusse“ an. Dafür hat die Sparte für den regionalen Busverkehr den „DB Medibus“ entwickelt, in dem sich eine rollende Praxis für Allgemeinmedizin befindet – mit Wartezimmer, Behandlungsraum samt Liege, Labor und Kühleinheiten. Auch die Erstanmeldung der Patienten mit Krankenkassenkarte funktioniert. Von außen sieht das Fahrzeug wie ein Linienbus aus. Die Bahn vermietet das Fahrzeug und stellt den Fahrer dafür. Ärzte und Geräte organisieren laut Konzept die Projektpartner.

Wo kam der Medizinbus schon zum Einsatz?

Seit Juli 2018 ist ein „Medibus“ bereits in Hessen unterwegs – mit Hausarzt und Arzthelferin an Bord. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung geht es unter der Woche in fünf Gemeinden mit Ärztemangel. Der Bus soll auch als Unterstützung dienen, wenn Praxen in der Region überlastet sind. Im Ballungsraum Berlin gab es ebenfalls schon Einsätze zu Impfzwecken. Die Uniklinik Charité steuerte von Ende 2016 an Flüchtlingsunterkünfte an, in denen sich rund 6000 Geflüchtete impfen ließen, wie der stellvertretende Ärztliche Direktor, Joachim Seybold, sagt. Von Mitte 2017 bis Ende 2018 fuhren Charité-Experten per Bus zu Schulen in Berlin und Brandenburg, um Schüler über Impfungen zu informieren und manche von ihnen zu impfen. Die Bahn will das Konzept des medizinischen Busses weiter ausbauen und bis Anfang 2020 sieben solcher Fahrzeuge bereitstellen.

Was sagen die Ärzte?

Bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung heißt es, mobile Angebote seien in Gegenden durchaus sinnvoll, in denen es sonst keine Infrastruktur mehr gebe. Dabei existieren neben der rollenden Praxis, die zu den Patienten kommt, auch schon Projekte nach umgekehrtem Prinzip: Patienten werden zu Ärzten gebracht. In Ostfriesland fährt zum Beispiel ein Shuttlebus an Wochenenden Hilfebedürftige zu einer Bereitschaftspraxis und nach der Behandlung wieder zurück, wie die KV Niedersachsen erläutert.

Was sagen Verbraucherschützer?

Der Verbraucherzentrale Bundesverband findet Überlegungen zum Sicherstellen einer flächendeckenden Versorgung generell hilfreich. Innovative Ansätze samt neuer telemedizinischer Möglichkeiten seien da eine Option, sofern die notwendige Expertise eingebracht und die ärztlichen Standards eingehalten würden, sagt vzbv-Experte Kai Vogel. „Rollende Arztpraxen sollten trotzdem nur eine absolute Notlösung darstellen.“ Im Fokus müsse bleiben, das Kernproblem zu lösen – die regional so unterschiedliche Verteilung der Ärzte vor Ort.

Können mobile Praxen das Problem Ärztemangel beheben?

Als alleinige Lösung gegen fehlenden Ärztenachwuchs gelten solche Gesundheitsbusse nicht, als hilfreiche Bausteine aber schon. Das Bundesgesundheitsministerium sieht den „Medibus“ als ein effizientes Mittel. „Er kann dazu beitragen, die ärztliche Versorgung auf dem Land vorübergehend zu verbessern“, sagt eine Sprecherin. Die KV Hessen macht klar: „Der Bus ist eine Übergangslösung.“ Man setze alles daran, Ärzte für eine Niederlassung in ländlichen Regionen zu motivieren.

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