Noch-CDU-Chefin Kramp-Karrenbauers Zeitplan wankt

Berlin · Die Noch-CDU-Vorsitzende will bis Dezember die Führungsfragen in der Union klären. Vor allem die CSU fordert, dass das schneller gehen muss.

 CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer will die Suche nach ihrem Nachfolger steuern.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer will die Suche nach ihrem Nachfolger steuern.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Einer der wenigen, der am Dienstag noch auf dem Schiff von Annegret Kramp-Karrenbauer segelte, war Unions-Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU). „Ich bin überzeugt, dass wir einen guten Prozess hinbekommen“, verteidigte er den Zeitplan der Noch-Vorsitzenden. Zehn Monate, also bis zum Parteitag im Dezember, will sich AKK Zeit nehmen, um die Führungsfragen in der CDU endgültig zu klären. Dass es so kommen wird, ist unwahrscheinlich.

Denn die Schwesterpartei grätschte gestern mit voller Wucht dazwischen. „Wir brauchen Klarheit“, forderte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. „Das muss schneller gehen.“ Seine Aufforderung bezog er auf die Benennung des gemeinsamen Kanzlerkandidaten der Unionsparteien und des künftigen CDU-Vorsitzenden. Nach dem Willen von AKK sollen beide Aufgaben wieder in einer Hand liegen – was zwangsläufig zu einem Kuriosum führen könnte: Da ohne Zustimmung der CSU niemand Kanzlerkandidat wird, bestimmen die Bayern auch gleich den nächsten CDU-Chef mit. Wenn es bei der Vorgabe von AKK bleibt.

Kramp-Karrenbauers Zeitplan sei keiner „mit einer Chance auf Umsetzung“, erklärte Dobrindt weiter. Er sprach von einer „idealisierten Vorstellung“, sich so viele Monate für die Lösung von Personalfragen lassen zu können. Das sei „abwegig“. Dadurch setze man sich permanenten Personalspekulationen aus und mache sich angreifbar für Häme des politischen Gegners. Auch sprach sich der Landesgruppenchef gegen weitere „Casting-Shows“ und „ausgiebige Schönheitswettbewerbe“ aus. Gemeint war das Verfahren, welches die CDU nach dem Rücktritt von Angela Merkel vom Parteivorsitz gewählt hatte, um ihren Nachfolger zu bestimmen. Damals gab es einen Wettbewerb mit drei Aspiranten, mehrere Regionalkonferenzen, am Ende eine Kampfabstimmung auf einem Parteitag. Die Parteigremien könnten die Entscheidungen ebenso gut treffen, betonte Dobrindt.

Ähnlich aufs Tempo gedrückt hatte zuvor schon CSU-Chef Markus Söder. Dass die Christsozialen jetzt drängeln, hat Gründe. Man weiß selbst, wie offene Führungsfragen eine Partei belasten können. Das hat der monatelange Machtkampf zwischen Markus Söder und seinem Vorgänger Horst Seehofer gezeigt. Darüber hinaus glaubt man in der CSU, dass die Unionsparteien im Wahljahr 2021 nur erfolgreich sein werden, wenn sie ihre Probleme in diesem Jahr abräumen.

Auch in der CDU sind die Stimmen zahlreich, die den Zeitplan der Vorsitzenden für unrealistisch halten. So meinte CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen, das wäre „weder gut für die CDU, noch wäre es gut für die Regierung“. Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus betonte vor der Fraktionssitzung, ein Dreivierteljahr „elendiglich lange“ Personaldebatten zu führen, sei „auch nicht gut“. Man sei „flexibel“ genug, den Parteitag vorzuziehen. Bei der Sitzung betonte AKK dem Vernehmen nach jedoch: „Wir müssen uns keinen Stress machen.“ Und Kanzlerin Merkel warnte, es sei nicht naturgegeben, dass die Union wieder die nächste Regierung stelle.

Womöglich ist Kramp-Karrenbauer von anderer Seite das Heft des Handelns schon längst aus der Hand genommen worden. Ein Sprecher von Friedrich Merz erklärte, Merz stimme sich mit allen Beteiligten ab und werde sich zu gegebener Zeit äußern. Angeblich gab es bereits Kontakte mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet über die künftige CDU-Führung. Die drei sind derzeit im Rennen um die Macht in der Union. Der Druck auf AKK ist jedenfalls nach wie vor immens.

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