Der deutsche Export schwächelt nicht

Berlin · Eine deutliche Abschwächung der Konjunktur erwartet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung - und begründet dies mit einer stark zurückgehenden Auslandsnachfrage. Diese Gefahr jedoch kann der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA), Anton F. Börner, absolut nicht erkennen. Unser Berliner Korrespondent Werner Kolhoff sprach mit ihm.

Droht Deutschland wegen sinkender Exporte ein Konjunktureinbruch?
Anton F. Börner: Nein, das sehe ich überhaupt nicht. Natürlich gibt es gegenüber den Wachstumsraten der letzten zwei Jahre Rückgänge. Diese Raten waren jedoch exorbitant hoch. Wir kommen 2012 mit vier Prozent Wachstum wieder in 'normale' Größenordnungen. Solche Zahlen oben drauf auf die hohe Ausgangsbasis des letzten Jahres, das ist für ein kleines Land wie Deutschland eigentlich unglaublich positiv. Auch 2013 werden wir ein ähnliches Wachstum haben. Die deutsche Exportwirtschaft ist sehr gut aufgestellt.

Der Status Exportvizeweltmeister ist nicht gefährdet?
Anton F. Börner:Nicht dieses Jahr, nicht nächstes Jahr und auch nicht in absehbarer Zeit.

Wirkt sich die Eurokrise denn gar nicht aus?
Anton F. Börner:Doch, einige dieser Absatzmärkte sind in einer tiefen Rezession. Aber die deutsche Exportwirtschaft hat Rückgänge dort in anderen Ländern nicht nur kompensiert, sondern sogar überkompensiert. Wir sind fast in allen Regionen gut aufgestellt und das auch noch mit einer großen Palette von Angeboten. Wir können Krisen in einzelnen Ländern oder Branchen also ausweichen. Das ist Deutschlands Stärke.

Gibt es Branchen, die schwächeln?
Anton F. Börner: Es gibt in vielen Branchen Nervosität. Es gibt die Angst, ob es wieder zu einem Einbruch wie 2009 kommt. Die Fakten geben für einen solchen Konjunkturpessimismus nicht viel her. Es wird nicht wieder zu einem solchen Einbruch kommen. Die USA kommen jetzt aus ihrem Tal heraus. Das merken wir bereits deutlich. Im transatlantischen Handel erwarten wir deshalb eine große Wachstumsdynamik. Das gleiche gilt für Ostasien. Ganz bedeutend wird in den nächsten Jahren Afrika werden.

Gibt es Branchen, die neu hinzugekommen sind?
Anton F. Börner:Ja, die Dienstleistungen. Das Potenzial für den Export deutscher Dienstleistungen ist schier unermesslich. Wir sind derzeit mit einem Exportanteil von rund einem Viertel des Gesamtvolumens von 721 Milliarden Euro in diesem Jahr dort, wo die güterproduzierende Industrie vor 20 Jahren stand. Es gibt eine gewaltige Nachfrage nach deutschem Knowhow, von Ingenieursleistungen über Projektmanagement, Logistik und Beratung bis zu Finanzdienstleistungen.

Ausgerechnet die Dienstleistungswüste Deutschland mit ihren schlechten Fremdsprachenkenntnissen...
Anton F. Börner: Oh, das hat sich fundamental verändert. Wir sind ein Land, in dem Englisch praktisch schon keine Fremdsprache mehr ist. Für die junge Generation ist das selbstverständlich. Und was die Dienstleistungswüste angeht, so betrifft das eher den direkten Konsumentenbereich. Uns fehlt vielleicht das asiatische Lächeln. Entscheidend beim Dienstleistungsexport ist jedoch die Kompetenz zur zuverlässigen Lösung von Problemen in berechenbarer Zeit und zu einem akzeptablen Preis. Da sind wir unschlagbar. Unser Problem in der Zukunft wird eher sein, für diesen wachsenden Markt genügend Fachkräfte zu finden.

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