Corona Der Impfstoff kommt früher – oder später

Berlin · Minister Spahn dämpft die Erwartung auf einen Einsatz noch in diesem Jahr. Doch die Hoffnung ist groß und die Forschung weit fortgeschritten.

  Experten forschen derzeit an fast 200 möglichen Impfstoffen gegen das Coronavirus. Ganz vorne dabei ist die Firma Biontech aus Mainz.

Experten forschen derzeit an fast 200 möglichen Impfstoffen gegen das Coronavirus. Ganz vorne dabei ist die Firma Biontech aus Mainz.

Foto: Getty Images/iStockphoto/kovop58

(SZ/dpa) Wann kommen die ersten Impfungen gegen Covid-19? Womöglich „noch vor Ende des Jahres“, soll Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu Wochenbeginn gegenüber seinen Länderkollegen gesagt haben. Am Freitag dämpfte Spahn jedoch wieder die Erwartungen: Vor Anfang 2021 sei nicht mit einem Impfstoff zu rechnen. Vielleicht sogar erst im März oder noch später. Dabei sind die Forschungen schon weit fortgeschritten – besonders in einem deutschen Pharmaunternehmen.

Einem Pressebericht zufolge hat Spahn die Länder-Regierungen bereits aufgefordert, bis zum 10. November Adressen von Impfzentren zu nennen. Bundesweit sollen angeblich 60 solcher Einrichtungen entstehen. Ein Ministeriumssprecher wollte diese Angaben nicht bestätigen, da es sich um interne Gespräche zwischen Bund und Ländern handele. Spahn hatte allerdings schon Anfang Oktober offiziell davon gesprochen, dass Impfzentren etwa in Messehallen eingerichtet werden könnten.

International wird mit Hochdruck an der Entwicklung von Corona-Impfstoffen gearbeitet. In Russlands Hauptstadt sollen schon zwischen Dezember und Januar Massenimpfungen beginnen, kündigte der Moskauer Bürgermeister vor ein paar Tagen an. US-Präsident Donald Trump spricht von ein paar Wochen, in denen ein Impfstoff in den USA zur Verfügung stehen werde. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation forschen Experten aktuell an fast 200 verschiedenen Vakzinen. Ganz vorn mit dabei ist das Mainzer Unternehmen Biontech, das mit dem US-amerikanischen Pharmariesen Pfizer kooperiert und von der Bundesregierung mit Fördergeldern im dreistelligen Millionenbereich unterstützt wird. Derzeit wird ein Impfstoff dort schon in der Phase-3-Studie getestet, der letzten und entscheidenden Phase für eine Zulassung. Die europäische Arzneimittelagentur EMA prüft bereits seit Anfang Oktober die Daten zu dem Mittel, also noch während der laufenden Studien.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Sabine Dittmar, verwies im Gespräch mit unserer Redaktion darauf, dass schon mehr als 28 000 Probanden eine zweite Impfung mit dem Biontech-Stoff bekommen hätten und „die Ergebnisse sehr vielversprechend“ seien. Das Unternehmen rechne damit, die Zulassung für den Impfstoff bis Ende November zu bekommen, „sodass eventuell auch schon im Dezember geimpft werden könnte“, sagte Dittmar.

Doch ganz gleich, ob nun ein paar Wochen früher oder später – alle, die das wünschen, könnten aus Kapazitätsgründen ohnehin nicht sofort geimpft werden. Spahn hatte deshalb schon vor Wochen über die „Notwendigkeit einer Priorisierung“ gesprochen. Entsprechende Kriterien sollen vom Deutschen Ethikrat, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Ständigen Impfkommission erarbeitet werden. Als sicher gilt, dass Ältere und chronisch Kranke sowie Beschäftigte im Gesundheits- und Pflege-Sektor zu den ersten Impf-Anwärtern zählen werden. Sobald genügend Impfstoff zur Verfügung stehe, könne dann „in sechs, sieben Monaten ein großer Teil derjenigen, die wollen, geimpft werden, zitiert der Spiegel in seiner neuen Ausgabe den Bundesgesundheitsminister. Wieder einmal stellte Spahn damit auch klar: Es wird keine Impfpflicht geben. Nach Einschätzung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wird es indes noch bis Ende 2022 dauern, bis regelmäßig und wirksam geimpft werden kann, so dass die Gesellschaft im Ganzen geschützt ist.

Dass der Stoff in großen Zentren verabreicht werden soll, hat übrigens nicht nur mit dem trotzdem zu erwartenden Ansturm zu tun. Es geht auch um die Beschaffenheit des Serums. Es müsste wahrscheinlich bei minus 20 bis 70 Grad transportiert und gelagert werden. Dafür braucht es entsprechende Geräte und Räumlichkeiten.

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