Klimaschutz Bundesregierung lehnt längere Laufzeiten für Atomkraftwerke ab

Berlin · Eigentlich ist der Atomausstieg schon lange in trockenen Tüchern. Im Union-Wirtschaftsflügel wird der Ausstieg aber in Zweifel gezogen.

Das Kernkraftwerk Grohnde bei Hameln (Niedersachsen) soll Ende 2021 vom Netz gehen.

Das Kernkraftwerk Grohnde bei Hameln (Niedersachsen) soll Ende 2021 vom Netz gehen.

Foto: Getty Images / istock/RelaxFoto.de

Die Bundesregierung hat Spekulationen über eine Abkehr vom Atomausstieg aus Klimaschutzgründen eine klare Absage erteilt. „Der Ausstieg wird wie geplant vollzogen“, sagte am Mittwoch Regierungssprecher Steffen Seibert. Der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer, hatte zuvor den 2011 nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima beschlossenen Atomausstieg in Deutschland in Frage gestellt. Er wäre unter Umständen offen dafür, auch in Zukunft Kernkraftwerke zu betreiben, sagte der CDU-Politiker dem „Spiegel“. Er habe es für falsch gehalten, überhaupt aus der Kernkraft auszusteigen, sagte Pfeiffer. „Wenn es jetzt aber darum geht, aus Klimaschutzgründen wieder in die Kernenergie einzusteigen, muss die Initiative von den Grünen und Linken ausgehen.“ Beide Parteien lehnen dies strikt ab. Kernkraftwerke stoßen im Betrieb im Gegensatz zu Kohle- und Gaskraftwerken kein klimaschädliches CO2 aus.

Unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Bundesregierung 2011 beschlossen, die Atomkraftwerke gestaffelt abzuschalten. Der Bundestag billigte das Vorhaben – mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen. Danach gehen die drei letzten Anlagen spätestens Ende 2022 vom Netz.

Auch die Reaktionen des Koalitionspartners SPD auf Pfeiffers Äußerungen fielen deutlich aus. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD): „Es gab keine einzige energiepolitische Entscheidung, die von so einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen worden ist wie der Atomausstieg 2011.“ Die Kernschmelze der Reaktoren in Fukushima habe allen vor Augen geführt, dass es richtig sei, aus der Atomenergie auszusteigen und die Atommeiler in Deutschland schrittweise und für immer stillzulegen. Vom Koalitionspartner CDU/CSU forderte Schulze, für Klarheit in den eigenen Reihen zu sorgen.

Deutschland plant neben dem Atomausstieg auch einen schrittweisen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung, bis spätestens 2038. Allerdings stockt derzeit der als notwendig betrachtete Ausbau erneuerbarer Energiequellen aus Sonne oder Wind. Vor allem die Windkraft an Land ist in diesem Jahr wegen langer Genehmigungsverfahren und vieler Klagen fast zum Erliegen gekommen. Der Bau von Stromleitungen von dem vor allem im Norden produzierten Windstrom in den Süden kommt ebenfalls nur langsam voran. Erneuerbare Energien sowie ein zunehmender Einsatz von Gas sollen aber die Lücke durch den Atom- sowie Kohleausstieg schließen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Der deutsche Weg eines Ausstiegs aus der Kernenergie findet derzeit wenig Nachahmer. Die Atomkraft könne im Kampf gegen den Klimawandel helfen, hatte vor kurzem der neue Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, gesagt.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte jüngst falsche Prioritäten in der Energiepolitik beklagt. Wenn das Weltklima das größte Problem sei, hätte Deutschland zuerst aus der Kohleverstromung aussteigen müssen, statt aus der Atomenergie. In der Klima-Debatte wirbt auch die AfD für eine Renaissance der Kernenergie.

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