Unions-Ultimatum in Masken-Affäre Das große Zittern in der Union geht weiter

Berlin · Bevor heute das Ultimatum der Fraktionsspitze von CDU/CSU in der Masken-Affäre endet, legt der nächste Abgeordnete sein Mandat nieder.

Der Magdeburger CDU-Bundestagsabgeordnete Tino Sorge gehörte mit zu den ersten. So wie sein Parteikollege Marc Biadacz aus Böblingen. Beide unterzeichneten noch am Mittwochabend die Erklärung, die die Unionsfraktionsführung ihren Parlamentariern vorgelegt hatte. Andere beteuerten ebenfalls zügig per Unterschrift, keine persönlichen oder finanziellen Vorteile aus der Corona-Pandemie gezogen zu haben. Das große Zittern in der Union geht aber weiter – auch, weil prompt der nächste Rücktritt erfolgte.

An diesem Freitag, 18 Uhr, endet das Ultimatum des Unions-Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus und des CSU-Landesgruppenchefs Alexander Dobrindt. Bis dahin müssen alle Mitglieder der Fraktion mitteilen, ob sie durch Geschäfte mit Schutzmasken und anderem medizinischen Material Kasse gemacht haben. So, wie Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU).

Die Enthüllungen über die Deals der beiden Abgeordneten lösten die „Masken-Affäre“ wahlweise „Raffke-Affäre“ aus. Nüßlein und Löbel sollen zu Beginn der Pandemie mit fragwürdigen Abmachungen viel Geld verdient haben. Sie gehören der Fraktion nicht mehr an, Löbel gab auch sein Bundestagsmandat zurück. Inzwischen hat ein weiterer CDU-Mann die Segel gestrichen, aber nicht wegen Masken-Deals: Mark Hauptmann aus Thüringen, Chef der Jungen Gruppe in der Bundestagsfraktion, der auch Löbel angehört hat. Er legte am Donnerstag sein Mandat nieder. Ihm waren dubiose Geldgeschäfte und Kontakte mit Aserbaidschan vorgeworfen worden. Die Anschuldigungen seien falsch, so Hauptmann. Er trete aber wegen der „Anfeindungen und Verdächtigungen“ zurück.

Folgen weitere der mittlerweile nur noch 243 Abgeordneten? Das ist die große Frage. „Wasserstandmeldungen“ werde man nicht abgeben, hieß es aus der Fraktionsspitze. Zwar geht man nicht davon aus, dass jemand erst kurz vor knapp seine Erklärung einreichen wird. Aber erst am frühen Freitagabend wird man endgültig wissen, wer dies nicht getan hat. Doch was dann? Ein Verbleib in der Fraktion gilt für den- oder diejenige dann wohl als ausgeschlossen. Man will „aufräumen“.

Der Druck auf CDU und CSU ist schließlich immens. In den Umfragen ist die Union erheblich abgerutscht – und am Sonntag finden in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Landtagswahlen statt. In beiden Ländern sieht es laut Demoskopen nicht sonderlich gut aus für die CDU. Die Affäre schlägt sich bereits nieder. Außerdem sind die Urnengänge richtungsweisend auf dem Weg zur Bundestagswahl im September und womöglich hinsichtlich der Unions-Kanzlerkandidatur. Die Sorge ist jetzt groß, dass die C-Parteien nachhaltig Schaden nehmen – wie einst durch die Spendenaffäre in den Jahren 1999/2000.

Um 18 Uhr ist an diesem Freitag somit noch nicht alles vorbei. Zumal auch der Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), eine Liste der Abgeordneten vorzulegen, die sich zu Beginn der Pandemie für Unternehmen eingesetzt haben, viele beunruhigt. Die Angst vor falschen Verdächtigungen geht um, weil die übergroße Mehrheit der Parlamentarier Angebote von Firmen oder Händlern nur weitergleitet hat. Ohne persönlichen Vorteil daraus zu ziehen. Da datenschutz- und persönlichkeitsrechtliche Fragen beachtet werden müssen, dürfte Spahns Liste keine reine Namensliste werden. Wann sie vorliegen wird, ist offen.

 Auch der Thüringer CDU-Abgeordnete Mark Hauptmann hat nach Lobbyismus-Vorwürfen sein Bundestagsmandat niedergelegt.

Auch der Thüringer CDU-Abgeordnete Mark Hauptmann hat nach Lobbyismus-Vorwürfen sein Bundestagsmandat niedergelegt.

Foto: dpa/Lisa Ducret

Die Furcht vor einem Pranger treibt aber nicht nur die Union, sondern auch andere Fraktionen um, weil auch aus ihren Reihen Abgeordnete zu Beginn der Pandemie aktiv geworden sind. So teilte beispielsweise FDP-Mann Konstantin Kuhle vorsorglich auf Twitter mit, mehrere Unternehmen aus Niedersachsen seien im März und April letztes Jahr an ihn herangetreten. Aber: „Ich habe den Unternehmen ein Formblatt des Bundesgesundheitsministeriums weitergeleitet, mit dem die Unternehmen ihr Angebot gegenüber der Beschaffungsstelle des Ministeriums konkretisieren sollten.“ Hätten alle so gehandelt, gebe es auch keinen Skandal.

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