Umwelthilfe Das Netzwerk der Diesel-Gegner

Berlin · Die Deutsche Umwelthilfe verfügt über glänzende Kontakte in die obersten Etagen der Ministerien auf Bundes- und Länderebene.

 Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, bei einer Protestaktion gegen den Dieselskandal.

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, bei einer Protestaktion gegen den Dieselskandal.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Jürgen Resch von der Umwelthilfe (DUH) treibt seit Jahren die deutsche Automobilindustrie vor sich her. Wie schafft es der Mittfünfziger, die Debatte um Schadstoffausstoß und Spritverbrauch maßgeblich zu beeinflussen und mit seinen Kampagnen den Branchenverband VDA in den Schatten zu stellen? Am Geld kann es nicht liegen. Die DUH hatte 2015 einen Jahresetat von gut acht Millionen Euro. Die Organisation zählt insgesamt rund 90 Mitarbeiter. Sowohl beim Personal wie auch bei den Finanzen ist dies ein Bruchteil der Ressourcen, auf den der VDA sowie die Hersteller zurückgreifen können.

Resch, seit fast 30 Jahren Chef des Vereins, verfügt über anderes Kapital. Er ist ein professionell arbeitender Lobbyist. Es heißt, er duze Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel (beide SPD). Er habe die Handynummer von Jürgen ­Trittin (Grüne) und könne Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) jederzeit anrufen. Über Jahrzehnte hat er sein Netzwerk geknüpft. Eine wichtige Rolle für die Anbahnung der Kontakte spielen dabei „Fachgespräche“ unter dem Dach der DUH, nicht selten gesponsert von Unternehmen. Dabei geben sich im informellen Rahmen hohe Beamte aus Verkehrs- und Umweltminis­terien, Mitarbeiter von Herstellern, selbst Lobbyisten von Mineralölwirtschafts- und Autoherstellern die Klinke in die Hand.

Es gibt über Jahre gewachsene Kontakte bis in die obersten Etagen der Ministerien auf Bundes- und Länderebene, die fachlich für die Abgas- und Schadstoffproblematik zuständig sind. Wenn man so will eine Anti-Diesel-Connection von der DUH zu hohen Beamten, Angestellten und ehemaligen Beamten. Diese Kontakte laufen auf Bundes­ebene, hier geht es vor allem um die Ministerien für Umwelt, Wirtschaft sowie um das Umweltbundesamt, eine nachgeordnete Behörde des Umweltministeriums, wie auch auf Ebene der Länder.

Unsere Zeitung hat mehrere Ministerien gebeten, über die Kontakte zur Umwelthilfe Auskunft zu geben. Das Bundesumweltministerium hat darauf nicht reagiert. Womöglich ist ein Grund dafür, dass aus dem Haus heraus schon zu Zeiten, da dort Trittin (1998 bis 2005) Chef war, beste Kontakte zur Umwelthilfe gepflegt werden. Wie eng die Beziehungen sind, darauf deutet etwa die Personalie Rainer Baake hin. Der heute 62-Jährige war beamteter Staatssekretär unter Trittin und verhandelte für ihn den Atomausstieg. Als Rot-Grün 2005 abgewählt war, verpflichtete die DUH wenig später 2006 Baake als Co-Geschäftsführer. Resch und Baake arbeiteten jahrelang Hand in Hand. Bis 2012 war Baake an der Spitze der Umwelthilfe. Obwohl er Grüner ist, holte SPD-Chef Gabriel ihn 2014 wiederum als beamteten Staatssekretär ins Bundeswirtschafts­ministerium. In der Regierung Merkel zieht mit Jochen Flasbarth, beamteter Staatssekretär im Bundesumweltministerium, ein weiterer Spitzenbeamter in der zweiten Reihe die Strippen, der unter Trittin Karriere gemacht hat. Flasbarth wurde unter Trittin 2003 Unterabteilungsleiter im Umweltministerium, bevor der heute 55-Jährige 2009 Chef des Umweltbundesamtes (UBA) wurde. Auch zum ADAC sollen die Kontakte reichen: Reinhard Kolke, lange ebenfalls im UBA, leitet heute das ADAC-Technikzentrum und gilt als Teil des „Anti-Diesel-Netzwerkes“.

Das Verkehrsministerium in Stuttgart hat mitgeteilt, dass es zwischen dem Haus und der Umwelthilfe durchaus Kontakte gibt. Ministerialdirektor Uwe Lahl verwahrt sich aber gegen den Vorwurf, Mitglied eines Netzwerks zu sein. „Ich habe ein Amt inne. Und als Amtsträger kann ich mich weder mit einem Diesel-Kartell noch mit einem Anti-Diesel-Kartell gemein machen.“

Zu den Kontakten teilt sein Haus mit: Neben „Sammelanschreiben oder Telefonanrufen“ seitens der Umwelthilfe, die „hier nicht im einzelnen nachvollziehbar“ seien, gebe es auch „solche Kontakte“, „bei denen das Verkehrsministerium (auch) selbst aktiv geworden ist“. So hat sich der Abteilungsleiter für Nachhaltige Mobilität im Januar  bei der DUH nach deren Feinstaub-Messungen an Taxen erkundigt. Noch am gleichen Tag hat er auch eine Antwort erhalten.

Die Anfrage kam von dem Mann, der die Verbindung zwischen all diesen hohen Beamten und der Umwelthilfe darstellt. Es handelt sich um den Pensionär Axel Friedrich, der um die 70 ist, aber immer noch mit Feuereifer gegen die Luftverschmutzung durch Autoabgase und für strenge Grenzwerte kämpft. Er war Beamter im UBA, 27 Jahre lang Abteilungsleiter für Verkehr. Ob es um den Katalysator ging, den Rußfilter oder ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen, er war bei jeder Kampagne dabei. Der Chemiker sagt selbstbewusst über sich selbst: „Ich habe alle europäischen Grenzwerte im Verkehrsbereich beeinflusst.“ Einer, der früher einmal sein Vorgesetzter war, sagt: „Er hat aus seiner Funktion im UBA heraus die DUH munitioniert und beraten. Das waren permanente und klare Verstöße gegen die Interessen seines Dienst­herrn.“ Bei seiner Pensionierung wechselte Friedrich komplett die Seiten: Seit 2007 arbeitet er unmittelbar mit der Umwelthilfe zusammen. Friedrich ist der wissenschaftliche Kopf der DUH für die Schadstoff- und Verbrauchsmessungen.

Wenn es um Schadstoffe und Spritverbrauch von Autos geht, will es die Umwelthilfe immer sehr genau wissen. Resch ist nicht zimperlich, wenn es darum geht, anderen Betrug vorzuwerfen. Auch kreidet er den Herstellern und der Politik häufig mangelnde Transparenz an. Wenn es um die eigene Organisation geht, werden seine eigenen Auskünfte allerdings spärlich. So versucht die Umwelthilfe etwa die Bedeutung, die Friedrich für die Organisation hat, zu kaschieren. Die Umwelthilfe bezeichnet ihn lediglich als „Sachverständigen“ oder „Berater“. Diese Bezeichnungen legen nahe, dass er ein Außenstehender wäre. Doch Distanz zur Umwelthilfe hat Friedrich nicht. Auch bei der Bezahlung lässt sich Resch nicht in die Karten gucken. Er sagt lediglich: „Axel Friedrich arbeitet für ein Tageshonorar.“ Und wie hoch sind die Sätze? Antwort: „Sehr moderat.“

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