Maßnahmen gegen die Pandemie Corona und der Streit ums Reisen

Berlin · Während die Politik noch über neue Corona-Maßnahmen nachdenkt, hat die Schulen in Mecklenburg-Vorpommern schon die Wirklichkeit eingeholt.

  Fliegen oder nicht? Reisen in Risikogebiete sollen wegen der Corona-Gefahr verboten werden, fordert etwa der CDU-nahe Wirtschaftsrat.

Fliegen oder nicht? Reisen in Risikogebiete sollen wegen der Corona-Gefahr verboten werden, fordert etwa der CDU-nahe Wirtschaftsrat.

Foto: Getty Images/ istock/spooh

Viele hatten es schon erwartet: Die Zahl der Corona-Neuinfizierten steigt wohl auch urlaubsbedingt wieder bedrohlich an. Und angesichts der Rückreise vieler Sommerurlauber nach Deutschland werden nun Rufe nach weiteren Maßnahmen gegen das Coronavirus laut – über eine an diesem Samstag greifende neue Testpflicht hinaus. Der CDU-nahe Wirtschaftsrat etwa forderte ein generelles Verbot privater Reisen in Länder mit hohen Corona-Fallzahlen. So sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU, Wolfgang Steiger, der Bild-Zeitung: „Reisen in Risikogebiete müssten konsequenterweise auch untersagt werden.“ Das Reiserecht könne nicht höher bewertet werden als die Rechte von Millionen Deutschen, denen sonst ein erneuter Lockdown drohe. Das Arbeits- und Schulleben ein zweites Mal herunterzufahren, könne sich Deutschland „nur unter erheblichsten Schwierigkeiten noch mal leisten“. 

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) äußerte sich im ntv-Frühstart skeptisch: „Jetzt ein Reiseverbot durchzusetzen, das sehe ich nicht.“ Er begrüßte dagegen die künftige Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten als weiteren Baustein, der „wieder ein Stück mehr Sicherheit“ bringe. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer lehnte Verbote von Reisen in Risikogebiete als unverhältnismäßig ab. Grundgesetzlich geschützte Freiheitsrechte seien gerade auch in der Pandemie zu verteidigen. Statt Verboten sei allerspätestens jetzt eine umfassende Teststrategie mit deutlich mehr Tests besonders für Schulen, Kitas, Unis, medizinisches Personal und Polizei notwendig. Für Urlauber aus Risikogebieten greift an diesem Samstag eine Testpflicht. Tests sind bis zu drei Tage nach Ankunft kostenlos möglich – direkt an Flughäfen, aber auch in Testzentren oder Arztpraxen in Städten. Bis das Test-Ergebnis da ist, muss man in häusliche Quarantäne. Welche Länder als Risikogebiete gelten, geht aus einer Liste des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervor – derzeit stehen darauf etwa 130 Staaten von Ägypten über Russland bis zu den USA. Aus der EU sind Luxemburg, die belgische Provinz Antwerpen und die spanischen Regionen Aragón, Katalonien und Navarra darunter. Freiwillig können sich seit vergangenem Samstag alle Einreisenden gratis testen lassen.

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, forderte eine generelle Quarantäne. Tests seien nur „eine Moment­aufnahme“. Deshalb sollten alle Reiserückkehrer aus Risikogebieten in Quarantäne gehen. Um eine Infektion sicher auszuschließen, sei ein zweiter Test nach mindestens 72 Stunden notwendig.

Der Wirtschaft machen die weltweiten Reisebeschränkungen wegen der Pandemie zunehmend zu schaffen. „Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft sind Geschäftsreisen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Folgen der Reiseeinschränkungen sind daher erheblich“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben.

Während Politik und Wirtschaft über neue Corona-Maßnahmen nachdenken, hat die Schulen in Mecklenburg-Vorpommern schon die Wirklichkeit eingeholt: Am Ende der ersten Schulwoche nach den Ferien wurden zwei Schulen geschlossen. Am Gymnasium in Ludwigslust war eine Lehrerin positiv getestet worden, an der Grundschule in Graal-Müritz ein Schüler.

Namhafte Virologen – darunter Christian Drosten, Jonas Schmidt-Chanasit und Helmholtz-Forscherin Melanie Brinkmann – warnten zum Beginn des Schuljahres in mehreren Bundesländern vor dem Risiko von Corona-Infektionen unter Schülern. „Fehlende Präventions- und Kontrollmaßnahmen könnten in kurzer Zeit zu Ausbrüchen führen, die dann erneute Schulschließungen erzwingen“ heißt es in einer Stellungnahme der Gesellschaft für Virologie.

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