Corona-Pandemie Virus-Mutation bremst Lockerungs-Phantasie

Berlin · Die Corona-Zahlen in Deutschland scheinen zu stagnieren. Was bedeutet das für die erhofften Lockerungsmaßnahmen?

Corona-Pandemie: Virus-Mutation bremst Lockdown-Lockerung
Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Dem Fortschritt geht die Puste aus: Nach einem deutlichen Rückgang der Corona-Fallzahlen in den letzten Wochen scheint die Entwicklung nun zu stagnieren. Und das, obwohl der Lockdown unverändert gilt. Ursache sind offenbar die Virus-Mutationen. Was bedeutet das für die erhofften Lockerungsmaßnahmen?

„Wir sehen zwar eine sinkende Zahl der Neuinfektionen, aber gleichzeitig eine steigende Anzahl der Virusvarianten in Deutschland“, erklärte Gesundheitsminister Jens Spahn am Freitag. Deshalb, so der CDU-Politiker, gelte es, bei Öffnungen „behutsam und vorsichtig vorzugehen“. Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, sah Deutschland gar erneut an einem „Wendepunkt“. Wegen der sich ausbreitenden Virus-Mutante B.1.1.7, die zuerst in Großbritannien entdeckt wurde, müsse man sich darauf einstellen, dass die Bekämpfung der Pandemie schwieriger werde. „Jede unüberlegte Lockerung wirft uns zurück, dann stehen wir in einigen Wochen wieder an dem Punkt, wo wir Weihnachten waren“, so Wieler.

Die britische Corona-Variante gilt als infektiöser und wohl auch gefährlicher als das ursprüngliche Virus. Nach Angaben des RKI sind darauf mittlerweile etwa 22 Prozent aller Neuinfektionen zurückzuführen. Der Inzidenzwert, also die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner, lag am Freitagmorgen in Deutschland bei 56,8. Das war nur geringfügig weniger als in den Tagen zuvor.

Bei ihrer Videoschalte in der vergangenen Woche hatten Bund und Länder nur konkret für Friseure beschlossen, dass sie ab dem 1. März wieder öffnen dürfen. Darüber hinaus hatten die meisten Bundesländer für sich festgelegt, am kommenden Montag wieder den Präsenzunterricht für Grundschüler zu starten. Weitere Lockerungen wurden in der Bund-Länder-Runde vom Pandemie-Verlauf abhängig gemacht. „Aus heutiger Perspektive, insbesondere vor dem Hintergrund der Unsicherheit bezüglich der Verbreitung von Virus-Mutanten“ könne der „nächste Öffnungsschritt“ erst bei einer „stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen“ erfolgen, heißt es im Beschlusstext. „Stabil“ bedeutet laut Kanzlerin einen Zeitraum von drei bis fünf Tagen. Am 3. März wollen Bund und Länder erneut zusammenkommen, um über weitere Öffnungsschritte zu beraten.

Für die weitere Entwicklung entscheidend wird die Impfbereitschaft in der Bevölkerung sein. Das Bundesgesundheitsministerium hatte dafür am Freitag noch einmal mit großflächigen Anzeigen in überregionalen Medien geworben. Darin wurde auch das umstrittene Astrazeneca-Serum als „wirksam und sicher“ charakterisiert. Auf die Frage, wie mit Menschen umgegangen werden soll, die sich zwar immunisieren lassen wollen, aber nicht mit Astrazeneca, meinte Spahn, dann könnten sie „jetzt“ auch noch nicht geimpft werden. Dann werde dieser Stoff „den nächsten angeboten“.

Überlegt wird dabei auch, Grundschullehrer und Erzieher vorzuziehen. Das würde eine Änderung der geltenden Impfreihenfolge bedeuten, nach der Ältere sowie Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich derzeit noch oberste Priorität haben. Spahn zeigte sich offen für diese Idee. Eine Entscheidung könnte in der kommenden Woche fallen. 

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