Neue Corona-Maßnahmen Bund und Länder planen strenge Kontaktbeschränkungen

Berlin · Vor dem nächsten Corona-Gipfel an diesem Donnerstag stehen weitgehende Verschärfungen im Raum. Das geht aus einem ersten Beschlussentwurf hervor. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert drastischere Schritte, um die Infektionszahlen schnell zu senken.

 Ein Intensivpfleger arbeitet auf einer Intensivstation des RKH Klinikum Ludwigsburg an einem Covid-19-Patient. (Archiv)

Ein Intensivpfleger arbeitet auf einer Intensivstation des RKH Klinikum Ludwigsburg an einem Covid-19-Patient. (Archiv)

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Bund und Länder wollen an diesem Donnerstag über weitergehende Corona-Maßnahmen beraten, um die vierte Infektionswelle zu brechen. Dabei zeichnen sich deutliche Verschärfungen ab, nicht nur in Ländern mit sehr hohen Infektionszahlen. So wollen Bund und Länder offenbar eine Maskenpflicht an Schulen wiedereinführen. „In den Schulen gilt eine Maskenpflicht für alle Klassenstufen“, heißt es in einer ersten Beschlussvorlage, die unserer Redaktion vorliegt. Der Entwurf enthält jedoch noch viele offene Punkte.

Im Einzelhandel sollen demnach 2G-Regeln „bundesweit inzidenzenunabhängig“ ausgeweitet werden. Zugang hätten dann nur noch Geimpfte und Genesene. Dies gelte – wieder unabhängig von Inzidenzen – auch für Kinos, Theater und Restaurants.  Ergänzend könne in Kultur und Freizeit ein aktueller Test vorgeschrieben werden (2GPlus). Welche Beschränkungen für Großveranstaltungen gelten sollen, ist zwischen Bund und Ländern offensichtlich noch strittig. Dazu stehen verschiedene Obergrenzen für Zuschauer in Klammern. Unklar sind auch Regeln für Weihnachtsmärkte und den Karneval.

Noch offen wird in dem nicht abschließend beratenen Entwurf gelassen, ab wann der Impfstatus aufgrund nachlassender Wirkung der Vakzine seine Gültigkeit verlieren soll. Olaf Scholz und die SPD hatten sechs Monate vorgeschlagen. Derzeit heißt es dazu in dem Papier, in der EU werde diskutiert, dass der Impfstatus nach der zweiten bzw. dritten Impfung seine Gültigkeit für neun Monate behalten solle. Bund und Länder würden sich bis Jahresende unter Berücksichtigung der Impfkampagne verständigen, „ab wann und wie eine entsprechende Regelung in der Bundesrepublik Deutschland Anwendung finden soll.“  

Zur vom designierten Kanzler Olaf Scholz am Dienstag angekündigten allgemeinen Impflicht heißt es, der Bundestag werde dazu zeitnah fraktionsübergreifend entscheiden. Die Impfpflicht könne greifen, „sobald sichergestellt werden kann, dass alle Impfwilligen auch zeitnah geimpft werden können, also etwa Februar 2022“. Der Ethikrat solle dazu bis Jahresende eine Empfehlung ausarbeiten.

Für Ungeimpfte sollen in allen Bundesländern strenge Kontaktbeschränkungen eingeführt werden. Erlaubt sein sollen nur noch Treffen des eigenen Haushaltes mit „höchstens zwei Personen eines weiteren Haushaltes“. Kinder sind davon ausgenommen. Für Geimpfte und Genesene würden diese Einschränkungen nicht gelten.

Zuvor hatten Bund und Länder am Dienstag auch das Ziel ausgegeben, bis Weihnachten 30 Millionen Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen zu ermöglichen. Das Bundesgesundheitsministerium wies Vorwürfe von Impfstoffknappheit zurück. In dieser und der vergangenen Woche seien 18 Millionen Impfdosen ausgeliefert worden, sagte ein Sprecher. Weitere zehn Millionen Dosen würden kommende Woche zur Verfügung gestellt. Und bis Jahresende stünden weitere 25 Millionen Dosen bereit – und damit genug, um die Impfziele zu erreichen.

Auf den Weg gebracht werden soll nun auch eine allgemein Impfpflicht. Scholz kündigte dazu "zeitnah" ein Gesetzgebungsverfahren an. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) begrüßte dies. Denn die schwierige Pandemielage hätten vor allem die Ungeimpften verursacht, sagte er.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte unterdessen strengere Maßnahmen, um die vierte Welle zu brechen. „Trotz leicht sinkender Infektionszahlen steckt das Land in einer tiefen Pandemiekrise mit viel zu vielen Toten, die sich noch über viele Wochen fortsetzen wird. Daher braucht es als Beschluss von Bund und Ländern an diesem Donnerstag aus meiner Sicht fünf wirksame Maßnahmen“, sagte Lauterbach.

Dazu könnten nach seiner Ansicht folgende Punkte zählen: „Erstens müssen alle Schülerinnen und Schüler bis zu den Weihnachtsferien Masken im Unterricht tragen und sich täglich in der Schule testen lassen“, sagte Lauterbach. „Zweitens sollten die Kontakte Ungeimpfter bundesweit stark reduziert werden, am besten auf nur noch eine Person außerhalb des eigenen Haushalts.“ Drittens brauche es flächendeckend 2G-Regeln im öffentlichen Leben, auch im Einzelhandel, so Lauterbach. „Weil aber 25 Prozent der Infektionen durch vollständig Geimpfte weitergegeben werden, sollte 2Gplus beispielsweise in Restaurants zur Pflicht werden“, sagte der SPD-Politiker. Viertens sollten umgehend alle Bars sowie Clubs und Diskotheken schließen, bis die vierte Welle vorüber ist. „Und fünftens sollten alle Krankenhäuser in Deutschland sofort auf einen Notbetrieb umschalten und alle planbaren Operationen verschieben, um genug Kapazitäten für Corona-Patienten und Notfälle freizuhalten“, sagte Lauterbach.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort