CDU-Vize Strobl über weitere Ausnahmen beim Mindestlohn

Berlin · Der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde ab 2015 steht nichts mehr entgegen. Am Wochenende einigten sich Unterhändler von Union und SPD auf weitere Ausnahmen für Erntehelfer und Zeitungsausträger. Unser Berliner Korrespondent Werner Kolhoff sprach darüber mit dem stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Thomas Strobl (54).

Ist der Mindestlohn durch die weiteren Ausnahmen nun löchrig wie ein Schweizer Käse?
Strobl: Nein. Der Mindestlohn kommt, und das ist auch richtig so. Aber wir haben uns dort, wo es notwendig und richtig ist, auf einige Differenzierungen geeinigt, die sachlich begründet sind.

Verdi behauptet, drei Millionen Beschäftigte seien ausgenommen.
Strobl: Diese Zahl kann ich nicht bestätigen. Wir haben immer gesagt, dass wir den Mindestlohn wollen, aber dass keine Arbeitsplätze gefährdet werden dürfen. Es zeichnet sich nun ein sehr guter Kompromiss ab, der das sicherstellt. Das ist auch im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.

Wenn Praktikanten künftig bis zu drei Monate unterhalb des Mindestlohns beschäftigt werden dürfen, ist das nicht ein Einfallstor für den Missbrauch von Praktikanten als billige Arbeitskräfte?
Strobl: Absolut nicht. Das ist eine sinnvolle Differenzierung. Es wird das Praktikum etwa bei Porsche auch in Zukunft geben. Solche Praktika sind eine echte Chance für junge Leute, und die wollen wir erhalten.

Mit den Bauern und den Zeitungsverlagen gibt es nun Ausnahmen für zwei komplette Branchen. Wie begründet sich das?
Strobl: Der Mindestlohn soll sicherstellen, dass wer anständig arbeitet, dafür einen ordentlichen Lohn bekommt, von dem er auch leben kann. Vom Zeitungsaustragen kann niemand leben, weil man diese Arbeit nicht acht Stunden am Tag macht, sondern zwei, drei Stunden frühmorgens. Auch die Saisonarbeit in der Landwirtschaft ist eine atypische Beschäftigung, meist von Ausländern, die hier Geld für ihre Familien daheim verdienen. Auf diese Besonderheiten mussten wir eingehen. Auch, um diese Arbeitsplätze in der Zukunft zu erhalten.

8,50 Euro pro Stunde werden schon seit einigen Jahren in der Debatte genannten. Sind sie nicht im Grunde schon überholt, wenn das Gesetz Anfang 2015 in Kraft tritt? Wann wird es die erste Erhöhung geben müssen?
Strobl: Mein Rat ist, dass die Politik sich aus der künftigen Entwicklung des Mindestlohns heraushält. Mit dem Gesetz geben wir diese Frage klugerweise in die Hände der Tarifpartner. Dann sollten wir als Politiker von außen auch keine Ratschläge mehr geben und die Tarifautonomie auch beim Mindestlohn akzeptieren.

Ist die Union mit dem Projekt Mindestlohn jetzt versöhnt?
Strobl: Wir sind schon seit langem für einen Mindestlohn. Anständige Arbeit soll anständig bezahlt werden. Wenn wir das jetzt mit Maß und Mitte und mit den notwendigen Differenzierungen umsetzen können, ist das ein gemeinsamer Erfolg dieser Koalition und dieser Bundesregierung unter Führung von Angela Merkel.

Wird es bei der Abstimmung im Bundestag noch Gegenstimmen aus ihren Reihen geben?
Strobl: Wenn es bei den jetzt erreichten Kompromissen bleibt, insbesondere für die Saisonarbeitskräfte und die Zeitungsausträger, wird die Anzahl der Gegenstimmen sehr überschaubar bleiben.

Das ganze Interview unter: www.saarbruecker-zeitung.de/berlinerbuero

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