Vorschläge abgelehnt Merkel gegen Wehrpflicht als Reaktion auf Rechtsextreme

Berlin (dpa) - Angesichts rechtsextremer Umtriebe in der Bundeswehr schlägt der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg eine Rückkehr zur allgemeinen Wehrpflicht vor.

 Die Wehrpflicht in Deutschland war zum 1. Juli 2011 nach 55 Jahren ausgesetzt worden, weil die Bundesregierung keine sicherheitspolitische und militärische Begründung mehr dafür sah. Foto: Marcel Kusch

Die Wehrpflicht in Deutschland war zum 1. Juli 2011 nach 55 Jahren ausgesetzt worden, weil die Bundesregierung keine sicherheitspolitische und militärische Begründung mehr dafür sah. Foto: Marcel Kusch

Foto: Marcel Kusch

Berlin (dpa) - Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hält nichts von Vorschlägen aus ihrer Partei, als Reaktion auf rechtsextreme Tendenzen in der Bundeswehr zur Wehrpflicht zurückzukehren.

„Was die Bundeswehr braucht, ist Berechenbarkeit in ihrer Entwicklung“, sagte sie nach einem Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die Aussetzung der Wehrpflicht 2011 sei eine grundsätzliche Entscheidung. „In der Kontinuität dieser Entscheidung sollten wir jetzt auch die nötigen Reformen vornehmen.“

Gefordert hatte die Rückkehr zur Wehrpflicht der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg. Die Aussetzung habe bewirkt, dass die Bundeswehr keinen Querschnitt der Gesellschaft mehr abbilde, sagte der Oberstleutnant der Reserve der Funke Mediengruppe. Wehrdienstleistende seien aber „ein verlässliches Frühwarnsystem“, um Extremismus zu erkennen.

Merkel unterstützte zugleich die von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vorgeschlagenen Konsequenzen aus dem Fall des mutmaßlich rechtsextremen Oberleutnants Franco A., der unter Terrorverdacht steht. Dazu gehören eine Überprüfung der Wehrdisziplinarordnung und ein neues Programm „Innere Führung heute“.

Franco A. hatte hat ein Doppelleben als falscher syrischer Flüchtling geführt und steht unter Terrorverdacht. Er soll zusammen mit einem weiteren Soldaten und einem Studenten aus Offenbach eine rechtsextreme Gruppe gebildet haben, die Anschläge auf Politiker plante. Die Kanzlerin hob den „von der überwiegenden Mehrheit sehr, sehr gut geleisteten Dienst“ der Bundeswehr-Angehörigen hervor.

Der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es gibt keine sicherheitspolitische Notwendigkeit, die Aussetzung des verpflichtenden Wehrdienstes jetzt aufzuheben.“ Der Verteidigungsexperte der Grünen, Tobias Lindner, erklärte: „Wer jetzt fast schon reflexartig die Wiedereinführung der Wehrpflicht fordert, hat nichts von dem Problemen verstanden, mit denen die Bundeswehr gegenwärtig zu kämpfen hat.“

Auch CDU-Bundesvize Thomas Strobl sprach von einer Diskussion, die nicht „zielführend“ sei. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Ehrlich gesagt, ist die Diskussion mit der Klarstellung der Bundeskanzlerin auch gleich wieder beendet.“ Er selbst habe auch nicht den Eindruck, dass die Bundeswehr als Organisation rechtsradikale Tendenzen pflege.

Unterstützung erhielt Sensburg dagegen vom Historiker Michael Wolffsohn. „Ohne Allgemeine Wehr- oder Dienstpflicht - für Männer und Frauen - geht es nicht“, sagte der ehemalige Professor der Bundeswehr-Hochschule in München der Zeitschrift „Publik-Forum“ (Online). Nach der Aussetzung der Wehrpflicht seien vermehrt Extremisten in die Bundeswehr gekommen. „Heute will kaum jemand mehr zur Bundeswehr - außer Idealisten, jungen Leuten, die auf dem boomenden zivilen Arbeitsmarkt nicht unterkommen, und eben Extremisten“.

Von der Leyen habe im Fall Franco A. richtig gehandelt, sagte Wolffsohn. „Anders als die meisten ihrer Vorgänger vertuscht sie das nicht. Hut ab. Anstatt das zu würdigen, fallen viele über sie her und verlieren das Hauptziel aus den Augen: alle Extremisten aus der Truppe entfernen.“

Von der Leyen besucht an diesem Freitag das Zentrum Innere Führung in Koblenz. Zuvor wird sie in Mayen beim Zentrum Operative Kommunikation erwartet. Am späten Nachmittag wollte sie dann auf einem „sicherheitspolitischen Forum“ des Bundeswehrverbands in Montabaur reden.

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