CDU-Parteitag abgesagt Die Corona-Krise erreicht den Berliner Polit-Betrieb

Berlin · Wegen des Virus bereitet sich der Bundestag auf alle Eventualitäten vor. Im Parlament gibt es den ersten Fall. Die CDU sagt ihren Wahl-Parteitag nun doch ab.

„Wir fahren auf Sicht.“ So lautet derzeit noch die Maßgabe der Fraktionsspitzen im Bundestag. Der erste Corona-Fall unter den Parlamentariern ist da, einige Abgeordnete mussten sich bereits in Quarantäne begeben. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) mischte sich am Donnerstag nur per SMS in die Debatte über die Bekämpfung der Hass-Kriminalität im Netz ein. Sie habe seit längerem eine hartnäckige Erkältung, verlautete es. Deswegen sei sie zu Hause geblieben. Und will sich dem Vernehmen nach nun auch vorbeugend einem Test unterziehen.

Zumal mehrere Abgeordnete und Mitarbeiter der SPD-Bundestagsfraktion unter häusliche Quarantäne gestellt wurden, nachdem sie bei einer Sitzung Anfang März Kontakt zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person hatten. Auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ist zu Hause und hat sich bereits testen lassen, hieß es am Donnerstag.

Der Betrieb im Bundestag stottert bereits gewaltig. Wegen des Virus hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) die Kuppel und die Dachterrasse des Reichstagsgebäudes schließen lassen. Außerdem werden bis Ende April Besuchergruppen nicht mehr in den Reichstag gelassen. Die Abgeordneten verzichteten in dieser Woche auf namentliche Abstimmungen mit Stimmkarten, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Die Desinfektion der Hände vor den Kantinen des Bundestages ist mittlerweile Pflicht. Viele Beratungen wurden schon gekippt. Erwogen wird nun auch, die nächste Sitzungswoche Ende März abzusagen oder zu verkürzen.

Abgesagt ist seit Donnerstag auch der CDU-Parteitag, der am 25. April den Nachfolger von Noch-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer küren sollte. 1001 Delegierte und einige Hundert Journalisten – das war der Partei in Corona-Zeiten nach anfänglichem Zögern dann doch zu riskant. Das Treffen soll nachgeholt werden, „sobald die epidemische Lage dies gestattet“, sagte AKK. Der interne Wahlkampf der Kandidaten Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen ruht einstweilen.

Besonders schwer getroffen hat das Virus die FDP, aus deren Reihen der erste infizierte Abgeordnete stammt. Die Partei beschloss weitere Vorsichtsmaßnahmen. Kontaktpersonen wurden vorsorglich unter Quarantäne gestellt und Tests veranlasst. „Zudem arbeitet der Großteil der Mitarbeiter der FDP-Fraktion seit heute mobil“, hieß es am Donnerstag.

Auch die Groko befindet sich im Krisenmodus. Zur Bekämpfung der Corona-Folgen wurden zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht, darunter Milliardenhilfen für Unternehmen. Doch was, wenn der Bundestag plötzlich nicht mehr arbeitsfähig ist, wie sollen Gesetze verabschiedet werden? Im Gespräch ist, dann das „Notparlament“ zu aktivieren. Laut Grundgesetz wäre das der „Gemeinsame Ausschuss“. Er besteht aus 32 entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen gewählten Abgeordneten und 16 Vertretern des Bundesrates. Der Haken: Laut Grundgesetz übernimmt der Ausschuss das Sagen eigentlich nur im Verteidigungsfall.

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