Schikanen für den Bundeswehr-Einsatz in Mali Standfest im Wüstensand

Wie lange kann die Bundeswehr noch in Mali bleiben? In dem afrikanischen Land herrscht weiter Chaos. Die Regierung in Bamako hat sich russische Söldner ins Land geholt und arbeitet mit Schikanen gegen die UN-Truppen. Doch Bundestagspolitiker raten von einem Abzug ab -- im deutschen und im europäischen Interesse

 09.04.2022, Mali, Gao: Bundeswehrsoldaten stehen an einem NH90-Hubschrauber im Camp Castor in Gao während des Besuchs der Verteidigungsministerin. Die Bundeswehr ist in dem westafrikanischen Land an der UN-Mission Minusma und der EU-Ausbildungsmission EUTM beteiligt. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

09.04.2022, Mali, Gao: Bundeswehrsoldaten stehen an einem NH90-Hubschrauber im Camp Castor in Gao während des Besuchs der Verteidigungsministerin. Die Bundeswehr ist in dem westafrikanischen Land an der UN-Mission Minusma und der EU-Ausbildungsmission EUTM beteiligt. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Wie lange geht das noch gut? Wie lange ist dieser Einsatz noch zielführend? Die Mali-Mission der Bundeswehr gestaltet sich zunehmend schwierig. Vor Monaten hat die Übergangsregierung in Bamako, die sich im vergangenen Jahr an die Macht geputscht hatte, Gäste ins Land gelassen, die weder der EU noch den Vereinten Nationen gefallen können: Russische Söldner der weltweit berüchtigten Wagner-Truppe, geführt von Jewgeni Pigroschin, Vertrauter von Kreml-Herrscher Wladimir Putin, gemeinhin bekannt als Putins Koch, auch wenn Bamako es offiziell nicht bestätigt. Kein Wunder: Die Wagner-Söldner sind eine Schattenarmee.

Ihnen werden schwerste Menschenrechtsverletzungen und die Beteiligung an einem Massaker an Zivilisten mit mehr als 30 Toten vorgeworfen. UN-Experten, die das Verbrechen untersucht haben, schreiben in ihrem Bericht, den sie auch dem UN-Sicherheitsrat übergeben haben, von „weißen Soldaten. Für die UN-Ermittler besteht nach der Befragung von Zeugen kein Zweifel, dass diese „weißen Soldaten“ Wagner-Söldner sind. Die Militärjunta in Mali pflegt enge Beziehungen zum Kreml und heuerte russische Söldner an, um die Sicherheit im Lande zu garantieren.

Die EU wie die Bundesregierung haben auch vor diesem Hintergrund beschlossen, die europäische Trainingsmission malischer Soldaten (EUTM) zu beenden und sich mit der Ausbildung auf den Nachbarstaat Niger zu konzentrieren. Würde die Trainingsmission EUTM fortgeführt, könnten „gut ausgebildete malische Soldaten“ gemeinsam mit russischen Kräften „furchtbare Menschenrechtsverletzungen begehen“, sagte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) zur Begründung. Die Blauhelm-Mission Minusma sollte allerdings fortgesetzt werden, um der Bevölkerung ein Mindestmaß an Sicherheit zu geben.

Inzwischen beklagt die Bundeswehr aber auch für die weiter laufende UN-Mission Schikanen. So hatten die malischen Behörden – zeitweise – ein Überflugsverbot für den Transportflieger A400M ausgesprochen. Zudem habe es Schwierigkeiten bei der Ausreise deutscher Soldaten gegeben. Und: Mali sprach ein Zugangsverbot für ausländische Soldaten für einen Teil des Flughafens Bamako aus. Es fühlt sich ganz so an, als wolle die Regierung in Bamako die UN-Stabilisierungstruppe nicht mehr im Land haben. Die Zweifel an einer Fortsetzung der Mission von mehr als 1000 deutschen Soldaten in dem westafrikanischen Krisenland nehmen zu. In der Bundesregierung befürchtet man aber, dass ein Abzug deutscher Soldaten aus Mali zusätzlichen Raum für Dschihadisten, Terroristen und Russland geben würde.

FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff rät von einem überhasteten Abzug ab. Lambsdorff sagte unserer Redaktion, manche Ziele des Einsatzes wie gute Regierungsführung seien mit einer Putschregierung wie in Bamako nicht zu erreichen. „Deswegen haben wir auch aufgehört, malische Soldaten auszubilden. Dennoch bin ich gegen ein vorschnelles Ende der umfassenden UN-Mission, ohne dass klar ist, was an ihre Stelle treten soll. Denn unsere Interessen verschwinden ja nicht einfach, wenn wir verschwinden.“ Außerdem: „Wenn die UNO und der Westen das Land verlassen, würde Russlands Einfluss in Mali nur noch weiter wachsen.“ Auch die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), warnt vor einem Abzug aus Mali. Es sei „definitiv nicht in unserem Interesse“, wenn sich der internationale Terrorismus in einer instabilen Sahelzone noch mehr ausbreite. „Die Gefahr, dass der Terror wieder Europa erreicht, ist sehr groß genauso wie in Folge dessen massive Flüchtlingsströme. Dieses muss dieser Einsatz unbedingt verhindern. Es ist offensichtlich, dass auch hier Russland seine Finger im Spiel hat und bewusst Chaos in der Region auslösen möchte, um den Druck auf Europa zu erhöhen“, so Strack-Zimmermann. „Dass momentan malische Putschisten uns schikanieren und damit diktieren wollen, was wir zu tun und zu lassen haben, ist nicht akzeptabel.“ Dies müsse, um die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten zu gewährleisten, schnell von UN und Bundesregierung geklärt werden.

Auch Außenministerin Annalena Baerbock beklagte kürzlich, die malische Übergangsregierung würde das Engagement der UN-Truppen zur Stabilisierung des Landes regelrecht torpedieren. „Die Situation gerade ist alles andere als gut. Man braucht um den heißen Brei nicht herumzureden: Sie ist schlecht.“ Für FDP-Außenpolitiker Lambsdorff wäre ein deutscher Rückzug aus der UN-Mission gegenwärtig nur bei Gefahr in Verzug denkbar: „Entscheidend ist, dass die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten in Mali gewährleistet ist. Wenn das nicht mehr möglich ist, müsste man einen Abzug ernsthaft ins Auge fassen. Aber die Bundesregierung sagt uns, dass die Sicherheitslage derzeit unter Kontrolle ist.“

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