Bundesverfassungsgericht billigt Verbot für Rechtsreferendarinnen in Hessen Justitia muss auf das Kopftuch verzichten

Karlsruhe · Das Verbot für Rechtsreferendarinnen in Hessen stimmt laut Bundesverfassungsgericht mit dem Grundgesetz überein.

 Rechtsreferendarinnen dürfen in Hessen kein Kopftuch bei Tätigkeiten tragen, bei denen sie als Repräsentantinnen der Justiz oder des Staates wahrzunehmen sind. Diese Regelung ist verfassungsgemäß, sagt das Bundesverfassungsgericht.

Rechtsreferendarinnen dürfen in Hessen kein Kopftuch bei Tätigkeiten tragen, bei denen sie als Repräsentantinnen der Justiz oder des Staates wahrzunehmen sind. Diese Regelung ist verfassungsgemäß, sagt das Bundesverfassungsgericht.

Foto: dpa/Martin Schutt

Eine Frau mit Kopftuch auf der Richterbank – kann es das in deutschen Gerichtssälen geben? Der Fall einer muslimischen Rechtsreferendarin aus Hessen ging bis vor das Bundesverfassungsgericht. Und das hat jetzt ein richtungsweisendes Urteil gesprochen. Muslimische Rechtsreferendarinnen müssen hinnehmen, dass sie in einigen Bundesländern bei ihrer praktischen Ausbildung im Gerichtssaal kein Kopftuch tragen dürfen. Der Gesetzgeber kann ein solches Verbot aussprechen, hieß es in dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss. Zwingende Gründe dafür sehen die Karlsruher Richter aber nicht (Az. 2 BvR 1333/17).

Geklagt hatte eine in Frankfurt geborene Deutsch-Marokkanerin. Sie hatte im Januar 2017 ihren juristischen Vorbereitungsdienst angetreten. In Hessen können Referendarinnen ihre Ausbildung zwar mit Kopftuch machen. Sie dürfen damit aber keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie als Repräsentantinnen der Justiz oder des Staates wahrzunehmen sind. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie Verhandlungen nicht wie die anderen Referendare von der Richterbank verfolgen dürfen, sondern sich in den Zuschauerraum setzen müssen. Sie dürfen auch keine Sitzungen leiten oder Beweise aufnehmen.

Einige Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Berlin haben ähnliche Vorschriften. In anderen Ländern ist die Frage gar nicht geregelt, weil sich das Problem entweder noch nie stellte oder sich im Einzelfall eine einvernehmliche Lösung fand.

In Hessen hatte die 1982 geborene Frau erst vergeblich Beschwerde eingelegt und dann vor den Verwaltungsgerichten geklagt. Schließlich reichte sie Verfassungsbeschwerde ein – am Ende ohne Erfolg.

Das Verbot greife zwar in die Glaubensfreiheit der Klägerin ein, entschieden die Richter. Dies sei aber durch andere Verfassungsgüter gerechtfertigt – etwa die Verpflichtung des Staates zu religiöser Neutralität. Anders als etwa in der Schule, wo Lehrerinnen das Kopftuchtragen nicht pauschal verboten werden darf, trete der Staat dem Bürger in der Justiz hoheitlich gegenüber. Menschen vor Gericht würden so unausweichlich mit dem religiösen Symbol konfrontiert.

All das ist für die Verfassungsrichter allerdings kein zwingender Grund, Rechtsreferendarinnen das Kopftuch im Gerichtssaal zu verbieten. Die hessische Entscheidung sei aber zu respektieren. Einer der acht Richter des Zweiten Senats, Ulrich Maidowski, trug diese Linie nicht mit. Er hält das Verbot für unverhältnismäßig.

Die Klägerin teilte auf Anfrage mit, sie hätte sich gewünscht, „dass sich das Bundesverfassungsgericht gerade in Zeiten von Halle und Hanau noch einmal die Frage stellt, wie solche Urteile auf die Minderheiten in Deutschland wirken“. Sie schrieb: „Ein selbstbewussterer und souveränerer Umgang mit jeder Andersartigkeit in der Gesellschaft wäre zielführender gewesen.“

Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) äußerte sich enttäuscht. Die Entscheidung zementiere, „dass kopftuchtragende Rechtsreferendarinnen letztlich als Referendarinnen zweiter Klasse behandelt werden“, erklärte die stellvertretende Vorsitzende, Nurhan
Soykan. In der Begründung schwinge auch mit, dass der Justizdienst weiterhin bestimmten Bevölkerungsgruppen verschlossen bleiben solle.

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