Maßnahmen gegen den Pflegenotstand Mehr Personal und bessere Bezahlung

Berlin · Experten warnen schon lange vor den Folgen eines akuten Pflegemangels. Gestern endlich stellte die Bundesregierung ein Maßnahmen-Paket vor.

 Zu wenig Personal, zu wenig Lohn, ständige Überforderung: Im Pflegebereich hakt es seit Jahren. Das soll sich nach dem Willen der Bundesregierung künftig ändern. Hier führt eine Pflegerin eine Seniorin durch den Flur in einem Altenheim.

Zu wenig Personal, zu wenig Lohn, ständige Überforderung: Im Pflegebereich hakt es seit Jahren. Das soll sich nach dem Willen der Bundesregierung künftig ändern. Hier führt eine Pflegerin eine Seniorin durch den Flur in einem Altenheim.

Foto: dpa/Peter Steffen

In der Pflegebranche fehlen schätzungsweise bis zu 80 000 Arbeitskräfte. Mit einem Mix aus besserer Entlohnung, attraktiven Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sowie der stärkeren Anwerbung von ausländischem Personal will die Bundesregierung dem Problem zu Leibe rücken. Rund ein Jahr ist es her, dass die Bundesregierung einen Diskussionsprozess mit Arbeitgebern, Gewerkschaften und Krankenkassen sowie Wohlfahrts- und Betroffenenverbänden anschob, um dem Pflegenotstand in Deutschland abzuhelfen. Das Ergebnis dieser „Konzertierten Aktion Pflege“ wurde am Dienstag in Berlin von den drei Bundesministern Jens Spahn (CDU/Gesundheit), Franziska Giffey (SPD/Familie) und Hubertus Heil (SPD/Soziales) präsentiert.

Zum einen soll es mehr Geld geben. Derzeit liegt die Entlohnung für Fachkräfte in der Altenpflege durchschnittlich um 560 Euro unter der in der Krankenpflege. Nach den Worten von Sozialminister Heil will die Bundesregierung noch vor der Sommerpause ein Gesetz für bessere Löhne auf den Weg bringen. Dazu sind zwei Möglichkeiten vorgesehen: ein flächendeckender Tarifvertrag, den der Bund dann für allgemeinverbindlich erklären würde. Wenn es nicht dazu kommt, werden nach Qualifikation differenzierte Mindestlöhne eingeführt. Bislang gibt es in der Pflege nur eine einheitliche Lohnuntergrenze von aktuell 11,05 Euro im Westen und 10,55 Euro im Osten. Hintergrund dieses Vorgehens ist die Tatsache, dass die Gewerkschaften in dieser Branche traditionell schwach sind und ein großer Teil des Arbeitgeberlagers strikt gegen einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag ist.

Außerdem soll es mehr Personal geben. Für Pflegekräfte in Kliniken sollen verbindliche Personalschlüssel erarbeitet werden, also Vorgaben, wie viele Pflegekräfte für wie viele Patienten zuständig sind. In Pflegeinrichtungen soll es zu einer zügigen Umsetzung des Personalbemessungsverfahrens kommen. Zur Erleichterung der Anwerbung ausländischer Fachkräfte wird nach den Worten von Gesundheitsminister Spahn eine zentrale Anerkennung von entsprechenden Berufsabschlüssen angestrebt. Auch soll die Sprachausbildung schon in den Herkunftsländern gestärkt werden. Dem Arbeitgeberverband der privaten Pflegeanbieter (bpa) ging diese Vereinbarung nicht weit genug. Nötig sei eine „Green Card“ mit einer automatischen Anerkennung der Ausbildung samt Aufenthaltstitel.

Bereits gesetzlich verankert ist eine Zusammenlegung der bislang getrennten Ausbildung von Kranken- und Altenpflegern. Dabei soll ab 2020 bundesweit dann auch kein Schulgeld mehr fällig sein. Stattdessen ist eine Vergütung für die Azubis geplant. Ebenfalls schon länger bekannt ist die Zusage der Verbände der Pflegeinrichtungen, mindestens 5000 Weiterbildungsplätze zur Nachqualifizierung von Pflegehelfern zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es, die Zahl der Auszubildenden und der ausbildenden Einrichtungen bis 2023 im Schnitt um zehn Prozent gemessen am Jahr 2019 zu erhöhen.

Konkrete Aussagen zur Finanzierung gibt es allerdings noch nicht. Bereits zum 1. Januar ist der allgemeine Pflegebeitrag um 0,5 Prozentpunkte auf 3,05 Prozent vom Bruttolohn gestiegen. Das wird aber nicht für die jetzt anvisierte Pflegeoffensive reichen, zumal die Bundesregierung einen weiteren Gesetzentwurf plant, um Angehörige zu entlasten. Sie müssen einspringen, wenn die Pflegebedürftigen nicht für den Eigenanteil aufkommen können. Künftig soll dieser Rückgriff nur noch bei Verwandten mit Einkommen von über 100 000 Euro im Jahr möglich sein.

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