Krieg in der Ukraine Bundeskanzler Scholz: Waffenlieferungen Deutschlands sind an Grenzen gestoßen

Der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz ist in den vergangenen Tagen spürbar gewachsen. Immer mehr Politiker sprachen sich für weitere Waffenlieferungen in die Ukraine aus. Jetzt hat sich der Kanzler nach Beratungen mit Staats- und Regierungschefs dazu geäußert.

Bundeskanzler Scholz: Waffenlieferungen Deutschlands sind an Grenzen gestoßen
Foto: dpa/Hannibal Hanschke

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Dienstag der Ukraine weitere Unterstützung zugesagt, allerdings auch betont, dass die Fähigkeit Deutschlands weitere Waffen aus eigenem Bestand zu liefern, an seine Grenzen gestoßen ist. Vielmehr wolle man der Ukraine finanziell helfen, Waffen bei Rüstungsunternehmen aus Deutschland zu bestellen.

Das sagte Scholz in einem Statement nach Beratungen mit den Staats- und Regierungschefs der G7 sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Charles Michel und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und die Präsidenten von Polen und Rumänien, Andrzej Duda und Klaus Iohannis.

„Wir haben die deutsche Rüstungsindustrie gebeten uns zu sagen, welches Material sie in nächster Zeit liefern kann“, sagte Scholz am Dienstag in Berlin. „Die Ukraine hat sich nun von dieser Liste eine Auswahl zu eigen gemacht, und wir stellen ihr das für den Kauf notwendige Geld zur Verfügung.“ Darunter seien wie bisher Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrgeräte, Munition „und auch das, was man in einem Artilleriegefecht einsetzen kann“. Zusätzlich würden Nato-Partner Ersatz erhalten, die Waffen sowjetischer Bauart in die Ukraine liefern. „Das ist etwas, was wir mit vielen anderen zusammen machen, die den gleichen Weg einschlagen wie wir.“

Scholz hob zudem die enge Abstimmung mit den Verbündeten Deutschlands bei der Unterstützung der Ukraine hervor. „Deutsche Alleingänge wären falsch.“ Der russische Präsident Wladimir Putin habe mit diesem geschlossenen Handeln nicht gerechnet. Es bleibe dabei, dass die Nato nicht in den Krieg eingreifen werde, bekräftigte der Kanzler.

Die Bundesregierung schweigt seit geraumer Zeit über die Waffenlieferungen in die Ukraine. Selbst Parlamentarier können sich nur in der Geheimschutzstelle des Bundestags darüber informieren und müssen ihre Erkenntnisse dann für sich behalten. In den ersten Kriegstagen war das noch anders. Deswegen ist bekannt, dass Deutschland Luftabwehrraketen, Panzerfäuste, Maschinengewehre, Schutzwesten, Helme, Nachtsichtgeräte und gepanzerte Fahrzeuge an die Ukraine geliefert hat. Über die Bereitstellung schwerer Waffen aus Deutschland ist nichts bekannt.

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat der Bundesregierung bereits im Februar eine Wunschliste vorgelegt, auf der fast alle schweren Waffensysteme stehen, die man sich vorstellen kann - vom Kriegsschiff über den Kampfpanzer bis zum Kampfflugzeug. Besonders haben es die Ukrainer nun auf Panzer, Artillerie, Luftabwehrsysteme, Kampfflugzeuge und Anti-Schiffs-Raketen abgesehen.

Kritik an Olaf Scholz – auch von FDP und Grüne

Politiker von FDP, Grünen und Union hatten zuvor den Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erhöht, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. „Die Zeit drängt“, sagte der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Dienstag im Deutschlandfunk. Die CDU/CSU-Fraktion drohte damit, im Bundestag einen eigenen Vorstoß für Waffenlieferungen zu unternehmen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) warf der SPD vor, Deutschland mit einer „gebremsten und zu späten Unterstützung der Ukraine“ in Europa zu isolieren. „Noch nie war Deutschland in einer internationalen Krise so abgekapselt und teilnahmslos“, sagte Wüst der „Rheinischen Post“.

Djir-Sarai geht nach eigener Aussage davon aus, dass der Krieg in den kommenden Tagen „noch grausamer noch brutaler geführt wird“. Die Ukraine brauche konkrete Hilfe. „Und aus meiner Sicht sind Waffenlieferungen, beziehungsweise schwere Waffen, hier ein notwendiger Weg.“ Die Entscheidung über die Lieferung müsse zeitnah getroffen werden. „Ich gehe auch davon aus, dass diese Entscheidung in den nächsten Tagen zustande kommen wird“, sagte der FDP-Politiker.

Der Vorsitzende des Bundestagseuropaausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), erneuerte seine Kritik an Scholz. Dieser führe nicht ausreichend, so dass Deutschland in Europa als „zu zauderlich und zu zögerlich“ wahrgenommen werde, sagte Hofreiter dem Fernsehsender Welt. Auch die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hatte Scholz wiederholt kritisiert und ihm Zaudern vorgeworfen.

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