RTL Direkt Spezial Bundeskanzler Olaf Scholz: So löcherten ihn Bürger mehr als eine Stunde vor laufender Kamera

Berlin/Köln · Bundeskanzler Olaf Scholz stellte sich Fragen der Zuschauer in der Sendung RTL Direkt Spezial. Die fühlten dem SPD-Politiker auf den Zahn. Ob es um die Zukunft des Stahlarbeiters ging oder den Krieg in der Ukraine. Der Regierungschef zeigte sich nach seinem jüngsten Gespräch mit Wladimir Putin besorgt.

 Moderatorin Pinar Atalay mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei „RTL Direkt Spezial mit Olaf Scholz – Kann der Kanzler Krise?“

Moderatorin Pinar Atalay mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei „RTL Direkt Spezial mit Olaf Scholz – Kann der Kanzler Krise?“

Foto: dpa/Andreas Friese

Über eine Stunde hat sich Olaf Scholz (SPD) am Montag, 16. Mai, während einer Sondersendung Bürgerfragen gestellt. Bei RTL Direkt Spezial saß der Bundeskanzler mit Menschen an einem Tisch, deren Lebenslauf unterschiedlicher nicht sein konnte. Vom Finanzdienstleister über die alleinerziehende Mutter hin zum Stahlarbeiter und zur gebürtigen Ukrainerin.

Alleinerziehende Mutter: Entlastungspaket reicht Hartz-IV-Empfängern nicht

So konfrontiert Romy Puhlmann, alleinerziehende Mutter von vier Kindern, den Regierungschef damit, dass sie sich vor den Sommerferien fürchtet. Denn noch bekomme ihr Nachwuchs in der Schule Mittagessen. Wenn es das nicht gibt, sieht sie sich Mehrkosten ausgesetzt, die sie kaum schultern könne. Da reichten auch nicht die von der Bundesregierung Zuschüsse beispielsweise für Heizkosten und bei Wohngeld, wie im Entlastungspaket vorgesehen. Ihren Ängsten, was bei ihr als Hartz-IV-Empfängerin letztlich ankomme, machte sie Luft.

Scholz hingegen verwies darauf, dass er ihr ohne entsprechende Gesetze nichts auszahlen dürfe. Denen müsste der Bundestag zustimmen. Aber die Beschlüsse gingen „mit großem Tempo voran“, versicherte er ihr.

Stahlarbeiter: Zukunft der Branche in Gefahr

Ebenso plagten Chris Rücker Zukunftsängste. Dem Stahlwerker geht es ebenfalls nicht rasch genug, wenn es um die Sicherung der Arbeitsplätze in seiner gebeutelten Branche geht, sagte er Kanzler Scholz. Der Stahlsektor befinde sich in einer Krise. Dann komme noch die Transformation hin zu umweltverträglicherer Produktion hinzu, der Druck ausländischer Hersteller. Und jetzt der Krieg in der Ukraine und das drohende Aus der für die Stahlindustrie so dringend benötigten Gaslieferungen aus Russland. „Wir haben Angst, dass uns andere Länder die Arbeit wegnehmen“, sagte Rücker.

Scholz zeigte Verständnis für diese Sorgen. Auch die Ungeduld des Stahlarbeiters schien ihm bewusst. So kündigte er während der Sendung an, dass alles dazu auf den Weg gebrachte werde. „Dieses Jahr - jetzt! Nicht nur, weil Sie heute hier sind, sondern weil wir uns das fest vorgenommen haben.“

Frau aus Ukraine: Deutsche Unterstützung geht nicht schnell genug voran

Hingegen widersprach er Viktoria Prytuliak. Die gebürtige Ukrainerin lebt seit Jahren in Deutschland, Verwandte, darunter ihre Mutter, sind weiterhin in ihrer alten Heimat. Sie wollte von Scholz wissen, wann Deutschland endlich weitere Waffen liefere. Ihr erscheint die Lieferung zu zögerlich.

Das ließ der SPD-Politiker nicht gelten. Denn die Bundesrepublik habe bereits Waffen „in großen Mengen“ geliefert. Von Zeitverzögerung wollte er nichts wissen. Luftabwehrwaffen und „Munition ohne Ende“ hätten die Ukraine längst erreicht. Putin dürfe den Krieg nicht gewinnen. Da stehe Deutschland an der Seite der Ukraine. Es werde alles getan, dass das angegriffene Land in der Lage sei, sich zu verteidigen. Darauf sei die Hilfe ausgelegt, nicht auf Ziele, „die weit darüber hinausgehen“. Scholz nannte dies ansonsten eine „ganz falsche Zielsetzung“. Schließlich handle es sich bei Russland um eine Nuklearmacht.

Sorgen um eine mögliche Eskalation machte sich der Stahlarbeiter. Er warf ein: „Was ist denn, wenn der Putin mal richtig ausflippt? Was soll denn dann passieren?“ Scholz berichtete dazu im weiteren Verlauf über ein kürzlich geführtes Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Da [...] bin ich sehr besorgt.“ Die Frage, die er Putin gestellt habe: „Was soll das Ganze?" Dies sei unbeantwortet geblieben. Und auch nicht, wann der Krieg beendet werde. Scholz’ Einschätzung nach sei die Einsicht in Moskau nicht gewachsen, „dass man das jetzt hier so schnell wie möglich beendet“.

Finanzdienstleister: Scholz unterschätzt Symbolik der Bilder

Unterdessen erntete er Kritik von Finanzdienstleister Philipp Meyer. Dieser forderte den Kanzler auf, nach Kiew zu reisen, wie es viele bereits vor ihm taten. So auch Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnisgrüne), die symbolträchtig die deutsche Fahne an der wiedereröffneten deutschen Botschaft in Kiew hisste. Scholz unterschätze die öffentlichkeitswirksame Macht solcher Bilder.

Scholz konterte: „Ich unterschätze gar nichts.“ Baerbocks Besuch sei von der Bundesregierung wohl überlegt geplant gewesen. Er selbst werde sich nicht „einreihen in eine Gruppe von Leuten, die für ein kurzes Rein und Raus mit einem Fototermin was machen. Sondern wenn, dann geht es immer um ganz konkrete Dinge“. Im Gegensatz dazu telefoniere er oft, regelmäßig und lange mit Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew.

Das Resümee der Fragesteller am Ende der RTL-Sendung

Und die Reaktionen am Ende der Sendung bei den Teilnehmern? Gemischt. Während der Stahlarbeiter Rücker beim Wort nehmen will, erwarte die alleinerziehende Mutter Puhlmann noch mehr von Scholz, Politik zu erklären. Finanzier Meyer hatte bereits zuvor Scholz aufgefordert, mit einer hochkarätigen Wirtschaftsdelegation in die Ukraine zu reisen. Und Prytuliak setzt darauf, dass mit Waffenlieferungen kein Frieden geschaffen werden könne, aber Verhandlungen darüber in Gang gesetzt werden könnten – so wie es auch Scholz einschätzt.

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