Parlamentsferien im Bundestag Bühne frei für das Berliner Sommertheater

Berlin · Erst im September tagt der Bundestag wieder. Doch nicht jeder Parlamentarier kann es sich verkneifen, in den Ferien eine politische Debatte anzuzetteln.

Auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wird aufpassen müssen, dass sie in den Parlamentsferien nicht eine fragwürdige politische Debatte auslöst oder in eine solche hineingezogen wird.

Auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wird aufpassen müssen, dass sie in den Parlamentsferien nicht eine fragwürdige politische Debatte auslöst oder in eine solche hineingezogen wird.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Im Bundestag machten einige Abgeordnete am Freitag noch ein paar Gruppenfotos – man sieht sich jetzt länger nicht. Das Parlament hat seine Pforten geschlossen, die Sommerpause hat begonnen. Es kehrt Ruhe ein in den hektischen Berliner Betrieb. Erst im September werden die Volksvertreter wieder unter der Reichstagskuppel zusammenkommen.

Allerdings gilt auch in diesem Jahr das, was der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) den Abgeordneten stets mit auf den Weg gab: „Schwimmen Sie nicht so weit raus und achten Sie darauf, das Handgepäck immer griffbereit zu halten.“ Manchmal müssen die Parlamentarier halt schon vorher aus ihrer Heimat oder dem Auslandsurlaub zurückkehren. 2012 zum Beispiel stimmten sie in einer Sondersitzung über die Bankenhilfen für Spanien ab. 2014 tagte der Innenausschuss zur US-Spionage in Deutschland, 2018 ging es um die letzte Kredittranche für Griechenland. Besonders dramatische Ereignisse zwangen auch schon zu Sondersitzungen – wie der Baubeginn der Berliner Mauer am 13. August 1961.

Passiert nichts Unerwartetes, werden die Bundestagsgebäude für die nächsten zwei Monate zur Ruhezone. Sitzungssäle, Kantinen, Flure sind weitgehend verwaist. Im Plenarsaal herrscht ungewohnte Stille, der Betrieb in den Büros läuft auf Sparflamme. Die Partei- und Fraktionsoberen befürchten in dieser Zeit nur, dass einer der ihren das berühmte Sommertheater durch unbedachte Äußerungen und krude Ideen, durch unüberlegte Tweets und Postings anzetteln könnte.

Die Sorge hat auch Olaf Scholz, Finanzminister und Vizekanzler. Am Mittwoch beim Hoffest der SPD-Bundestagsfraktion rief er den Abgeordneten und deren Mitarbeitern zu: „Während der Sommerpause muss nicht jedes Interview gegeben werden, das ist mein Wunsch.“ Scholz grinste dabei freundlich, aber der nette Hinweis war ernst gemeint: In Berlin gilt die SPD als Anwärter Nummer Eins für den Theaterdonner. Vor allem deswegen, weil die Partei nach dem Abgang von Andrea Nahles dringend neues Spitzenpersonal benötigt. Da könnte so manche Diskussion um diese oder jene Bewerbung für Aufsehen sorgen.

Dezente Mahnungen an die Abgeordneten, sich bitteschön zurückzuhalten, gab es auch bei der Union. Nicht jeder Politiker wird sich erfahrungsgemäß daran halten, denn die Verlockung ist mitunter zu groß, einmal medial so richtig aufzutrumpfen. Und wie in der SPD tobt auch in der Union eine spannende Personaldebatte. Es geht um die Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel – besonders im Visier dabei: die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Sagt oder twittert AKK etwas, ist es falsch, sagt oder twittert sie nichts, ist es ebenfalls falsch. Das war zuletzt der Eindruck. Sie wird den Sommer über also auf der Hut sein müssen. Auch der Gesundheitszustand der Kanzlerin, der unweigerlich ein Politikum ist, könnte die Agenda noch bestimmen. Inhaltlich dürfte der Klimaschutz weiter in aller Munde sein. Vielleicht erlaubt sich dann ja noch der eine oder andere Grüne einen Fehltritt. Die frühere Veggie-Day-Partei war regelmäßig prädestiniert für ausgefallene Ideen mit Aufschrei-Effekt.

Erinnert sei nur an die Einführung einer Vier-Tage-Woche für Pendler wegen hoher Spritkosten. Das forderte im Sommer 2008 der Grüne Winfried Hermann, jetziger Verkehrsminister in Baden-Württemberg. Noch schöner war freilich nur die Idee des CDU-Mannes Gero Storjohann. Er trat einst mit Nummernschildern für Fahrräder bundesweit in Erscheinung, um Radlern bei Verstößen besser habhaft zu werden.

Ungekrönter König des Sommerlochs bleibt aber der CSU-Politiker Dionys Jobst. 1993 regte er an, Deutschland solle Mallorca als 17. Bundesland für 50 Milliarden Mark kaufen. So ein Sommertreffer dürfte sich nicht wiederholen lassen. Auch in diesem Jahr nicht.

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