Mülltrennung in Deutschland Bio wandert noch immer in den Restmüll

Berlin · Bei Papier, Elektro und Plastik funktioniert das Recycling – bei organischen Abfällen nicht.

 In deutschen Restmüll-Tonnen landet viel, was anders entsorgt werden müsste. Fast 40 Prozent des Gewichts sind Bioabfälle, die eigentlich auf den Kompost oder in die Biotonne gehören.

In deutschen Restmüll-Tonnen landet viel, was anders entsorgt werden müsste. Fast 40 Prozent des Gewichts sind Bioabfälle, die eigentlich auf den Kompost oder in die Biotonne gehören.

Foto: dpa/Jens Wolf

Die Experten des Umweltbundesamtes in Dessau haben in den letzten zwei Jahren buchstäblich im Müll herumgewühlt, genauer gesagt in Restmülltonnen. Sie wollten 35 Jahre nach der letzten Untersuchung und 20 Jahre nach Einführung des dualen Systems wissen, in welchem Umfang der Abfall sortiert wird. Das Resultat: Die Deutschen werden ihrem Ruf als fleißige Getrenntmüllsammler gerecht – sind aber noch längst nicht gut genug. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu der Studie.

Wie hat sich die Müllmenge verändert?

Biomüll wandert in Deutschland noch immer in die graue Tonne
Foto: SZ/Steffen, Michael

Vor 35 Jahren landeten pro Jahr und Einwohner noch 239 Kilogramm Abfall in den Restmülltonnen. Jetzt sind es nur 128 Kilogramm, also fast eine Halbierung. Dabei hat sich die Müllmenge aber insgesamt kaum verringert. Der Rückgang geht fast ausschließlich darauf zurück, dass vor allem Papier und Verpackungsmaterial (107 Kilogramm pro Einwohner und Jahr) und Elektroartikel (neun Kilogramm) heute in die Recyclingsysteme gegeben werden. Beim Ziel Müllvermeidung ist man also kaum vorangekommen.

Woraus besteht der Restmüll?

 In deutschen Restmüll-Tonnen landet viel, was anders entsorgt werden müsste. Fast 40 Prozent des Gewichts sind Bioabfälle, die eigentlich auf den Kompost oder in die Biotonne gehören.

In deutschen Restmüll-Tonnen landet viel, was anders entsorgt werden müsste. Fast 40 Prozent des Gewichts sind Bioabfälle, die eigentlich auf den Kompost oder in die Biotonne gehören.

Foto: dpa-tmn/Bernd Weissbrod

Immer noch gehören zwei Drittel der untersuchten Menge (86 Kilo oder 67,4 Prozent) eigentlich nicht in die schwarzen Tonnen zur Verbrennung, sondern in andere Müllverwertungssysteme. Den Hauptanteil der Fehl­entsorgung machen mit fast 40 Prozent Bioabfälle aus, übrigens in allen Regionen ziemlich gleich. Gefolgt von Kunststoffen mit 6,7 und Holz mit 6,3 Prozent. Die meisten Trennmuffel leben in Großstädten, wo die Restmüllmenge je Einwohner 151 Kilogramm beträgt. Während sie in ländlichen Gebieten bei 124 Kilogramm und in Kleinstädten und Siedlungen bei 110 Kilogramm liegt. Dass immer noch viele Bürger wenig nachdenken beim Entsorgen, zeigt sich an den Werten für Schadstoffe wie Farben oder Lösemittel, die etwa ein halbes Prozent des Inhalts ausmachen. Ein Viertel aller Altbatterien landen im Restmüll, obwohl sie leicht in Supermärkten entsorgt werden könnten.

Was plant die Politik?

Das Umweltministerium erklärte bei der Präsentation der Studie am Dienstag in Berlin, man befinde sich in Gesprächen mit den Kommunen, um eine Lösung für den Bioabfall zu finden. Die Dichte an Biotonnen müsse vor allem in den Städten deutlich erhöht werden, denn organische Abfälle aus dem Haushalt würden anders als Gartenabfälle von den Bürgern nicht zu den Recyclinghöfen gebracht. Das zu erwarten sei „lebensfremd“. Zudem sollen die Bürger mit Aufklärungskampagnen sensibilisiert werden, auch dazu, Bioabfälle nicht mit Plastik oder anderen Materialen zu verunreinigen. Bei Elektrogeräten ist die Erweiterung der Rücknahmepflichten schon beschlossen. Beim Plastik verlangt die EU eine Erhöhung der Recyclingquote von derzeit 50 auf 63 Prozent bis 2022. Die Reform des Kreislaufwirtschaftsgesetzes soll dazu beitragen. Mitte nächsten Jahres wird zudem das bereits angekündigte Verbot vieler Einwegverpackungen und -artikel wirksam.

Was wurde untersucht?

Die Umweltforscher durchsuchten insgesamt 2800 Mülltonnen in 14 Regionen zwischen September 2017 und April 2020. Es war die erste derartige Analyse seit 1985.

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