Bewegung in Bund-Länder-Finanzverhandlungen

Berlin (dpa) · Bund und Länder treten bei den Verhandlungen über das künftige Finanzgeflecht seit langem auf der Stelle. Nach einem Spitzentreffen im Kanzleramt werden zumindest weitere Gespräche vereinbart. Schäuble hofft, mit einem neuen Modell alle 16 Länder zu überzeugen.

In die Bund-Länder-Verhandlungen über eine Neuordnung der Finanzbeziehungen kommt nach monatelangem Stillstand wieder Bewegung. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) lotete mit mehreren Ministerpräsidenten und Spitzenleuten der Koalition eine Einigung über die Bund-Länder-Finanzen nach 2019 aus.

Die Bund-Länder-Runde vertagte am Abend die Verhandlungen. Die Gespräche sollen Ende nächster Woche fortgesetzt werden. Auf dem Tisch lägen das Länder-Modell sowie ein Gegenvorschlag von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und des Bundes. Beide Konzepte würden nun durchgerechnet, ein Kompromiss werde ausgelotet.

Bei dem Treffen im Kanzleramt legte Schäuble einen mit den Koalitionsfraktionen im Bundestag abgestimmten Vorschlag vor. Dieser bewegt sich dem Vernehmen nach mit 8,5 Milliarden Euro zwar weiter unterhalb der Finanzforderungen der Länder von jährlich 9,7 Milliarden Euro. Die Verteilung würde aber so geordnet, dass auch Länderforderungen berücksichtigt wären.

Vertreten waren unter anderen Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer, die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sowie Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU).

Bouffier erklärte nach dem Treffen, er hoffe, dass es noch zu einer Lösung komme. Die Politik müsse Handlungsfähigkeit beweisen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zeigte sich zuversichtlich. „Der Einigungswille ist auf beiden Seiten jedenfalls da“, sagte der Regierungschef in Stuttgart. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) pocht auf eine Lösung, die die Situation im Osten angemessen berücksichtigt.

Die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern müssen neu geregelt werden, weil 2019 der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II auslaufen. Die 16 Bundesländer hatten sich im Dezember vergangenen Jahres auf eine gemeinsame Linie geeinigt. Für ihr Radikalmodell fordern sie vom Bund eine Kompensationszahlung von jährlich rund 9,7 Milliarden Euro - mehr als die vom Bund angebotenen 8,5 Milliarden.

Schäuble lehnt das von allen 16 Ländern vorgeschlagene Modell bisher ab. Er beharrt auf einem direkten Finanzausgleich der Länder untereinander.

Nach dem Modell des Bundes soll es entgegen dem Länder-Vorschlag bei der ersten Stufe der großen Umverteilung - dem sogenannten Umsatzsteuervorwegausgleich - bleiben. Es sollen aber die Gemeinden zusätzlich berücksichtigt werden. Dies erhöht die Verteilungswirkung insgesamt und verringert die Bedeutung des Länderfinanzausgleichs im engeren Sinn. Auch soll es bessere Anreizmöglichkeiten geben.

Schließlich sollen die allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen nach dem Bundesmodell nur noch für Bremen und Berlin fließen. Zusätzlich soll aber bei den sogenannten Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen auch eine „unterproportionale Gemeindefinanzkraft“ berücksichtigt werden. Diese quasi vierte Stufe beim Ausgleich der Finanzkraft ist vor allem für die ostdeutschen Länder wichtig, aber auch für finanzschwache westdeutsche wie das Saarland.

Der Bund würde nach dem Vorschlag Schäubles, über den auch mehrere Zeitungen berichteten, 7,9 Milliarden Euro an Umsatzsteuereinnahmen an die Länder abtreten. Das Bundesprogramm aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz soll ab 2020 fortgeführt werden. Der Bund stellt bisher bis 2019 jährlich gut 2,6 Milliarden Euro für kommunalen Wohnungsbau, Nahverkehr sowie Hochschulen bereit - die sogenannten Entflechtungsmittel. Das Saarland und Bremen sollen jeweils 400 Millionen Euro erhalten - zur Hälfte finanziert von Bund und Ländern. Zugleich sollen die Länder auf mögliche Ansprüche aus dem Fonds Deutsche Einheit verzichten.

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