Grundrenten-Einigung Wer hat im Alter mehr in der Geldbörse?

Berlin · Millionen verdienen zu wenig für eine auskömmliche Rente. Die Grundrente soll helfen. Doch die Berechnung ist kompliziert.

 Nach langem Hin und Her scheint in der Koalition beim Thema Grundrente der Groschen gefallen zu sein.

Nach langem Hin und Her scheint in der Koalition beim Thema Grundrente der Groschen gefallen zu sein.

Foto: Getty Images/iStockphoto/Aslan Alphan

Die Union spricht nüchtern von einem „vertretbaren Ergebnis“, die SPD geradezu euphorisch von einem „sozialpolitischen Meilenstein“. Schon die Wortwahl zeigt, dass der größere Koalitionspartner dem kleineren bei der Einführung einer Grundrente weit entgegengekommen ist. Nach der vom Koalitionsausschuss getroffenen Vereinbarung sind allerdings auch noch wichtige Fragen offen.

Nach den Worten von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sollen von der Grundrente 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen mit geringen Einkommen profitieren. Davon 80 Prozent Frauen. Grundrente soll grundsätzlich erhalten, wer mindestens 35 Beitragsjahre vorweisen kann. Die genaue Zahl der Begünstigten ist aber deshalb noch unklar, weil hier eine „kurze Gleitphase“ geplant ist. Das heißt: Auch wer weniger als 35 Beitragsjahre hat, kann mit mehr Rente rechnen, aber mit Abschlägen. Wie hoch die Abschläge sind und wann die Gleitphase beginnt, ist Gegenstand weiterer Verhandlungen. Die Union hat allerdings durchgesetzt, dass die Grundrente maximal 1,5 Milliarden Euro pro Jahr kosten darf. Damit sind die Spielräume für die „Gleitzone“ sehr begrenzt.

Anspruch auf Grundrente hat, wer im Schnitt zwischen 30 und 80 Prozent des Durchschnittseinkommens aller Arbeitnehmer verdient hat. Menschen, die immer nur einem Minijob nachgingen, sind außen vor. Grundlage für die Berechnung sind die Entgeltpunkte, die aufgrund der Beiträge während des Arbeitslebens erworben wurden. Ermittelt wird die individuelle Grundrente durch eine Höherbewertung der erzielten Rentenansprüche gepaart mit einem Abschlag. Eine Friseurin, die 40 Jahre auf dem Niveau von 40 Prozent des Durchschnittslohns in Vollzeit gearbeitet hat, kommt laut Arbeitsministerium dadurch in Zukunft auf eine monatliche Rente von 933,66 Euro. Das sind rund 405 Euro mehr, als sie jetzt an Rente hat.

Der Zugang zur Grundrente erfolgt durch eine Einkommensprüfung. Darunter fallen neben der Rente auch Kapitaleinkünfte oder Mieteinnahmen. Die Vermögensverhältnisse bleiben unberührt. Hier hat sich die SPD weitgehend durchgesetzt, denn die Union wollte eine umfassende Bedürftigkeitsprüfung. Ein Alleinstehender bekommt die Grundrente, wenn sein zu versteuerndes Einkommen unter 1250 Euro im Monat liegt. Für Paare gilt ein Freibetrag von 1950 Euro.

Wer nur eine Mini-Rente hat und deshalb auch noch Grundsicherung im Alter (Hartz IV) bezieht, erhält ebenfalls einen Freibetrag. Bislang wird die Rente voll mit der Stütze verrechnet. Künftig soll gelten: Die ersten 100 Euro eigene Rente kommen oben drauf. Bei einer höheren Rente sind es bis zu 212 Euro mehr. Ein Freibetrag wird auch für Wohngeldempfänger eingeführt, also jene, die etwas mehr verdienen und deshalb keinen Anspruch auf Grundsicherung haben. Der Freibetrag sorgt dafür, dass die Rentenerhöhung nicht durch eine Kürzung des Wohngeldes aufgefressen wird.

 Empfaenger_von_Grundsicherung

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Foto: SZ/Steffen, Michael

Aber es gibt auch Fallstricke. Neben der Ausgestaltung der „Gleitzone“ dürfte auch strittig sein, dass Paare ohne Trauschein in einem gemeinsamen Haushalt von der Grundrente mehr profitieren als Verheiratete, sofern einer der beiden Partner ein gutes Einkommen hat. Denn das spielt bei der Ermittlung der Grundrente für den anderen Partner keine Rolle. Ein weiterer Punkt ist das Vorhaben, den Rentenzuschlag automatisch auszuzahlen, also ohne Antrag. Dafür muss ein Datenaustausch zwischen Finanzämtern und Rentenversicherung aufgebaut werden. Unklar ist, ob das bis 2021 zu stemmen ist. Dann soll die Grundrente in Kraft treten.

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