Beauftragter der Bundesregierung Christian Hirte ist nun nicht mehr die „Stimme des Ostens“

Berlin · Der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder muss nach einem Tweet zu Thüringen zurücktreten. Es war nicht seine erste umstrittene Äußerung.

 Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, muss sein Amt abgeben.

Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, muss sein Amt abgeben.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Die „Stimme des Ostens“ in der neuen Bundesregierung kam aus Thüringen. Nach der SPD-Politikerin Iris Gleicke wurde im März 2018 der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Hirte im schwarz-roten Kabinett damit beauftragt, in besonderer Weise die Interessen der ostdeutschen Bundesländer zu vertreten. Nun, knapp zwei Jahre später, wird der 43-Jährige entlassen – nach einem Gespräch mit der Bundeskanzlerin.

Die Gründe? Auch wenn es dazu offiziell keine Erklärung gab, ist es so, dass Hirte am Mittwoch per Twitter Thomas Kemmerich (FDP) zu seiner umstrittenen Wahl zum thüringischen Ministerpräsidenten gratulierte: „Deine Wahl als Kandidat der Mitte zeigt noch einmal, dass die Thüringer RotRotGrün abgewählt haben. Viel Erfolg für diese schwierige Aufgabe zum Wohle des Freistaats Thüringen!“ Kemmerichs Wahl mit Stimmen von CDU und AfD hatte bundesweit Empörung ausgelöst. Am Samstag erklärte Kemmerich dann seinen Rücktritt – mit sofortiger Wirkung. Wann Hirte nun wiederum genau sein Amt verlässt, war zunächst unklar – ebenso, wer sein Nachfolger wird.

Als der Rechtsanwalt und Steuerexperte Hirte, der aus Bad Salzungen stammt, zum Parlamentarischen Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium berufen wurde, kam das überraschend. Fortan vertrat ein bekennender Katholik die mehrheitlich kirchenfernen Ostdeutschen.

Mit Blick auf die DDR wandte sich Hirte gegen Stimmen, die nicht von einem Unrechtsstaat sprechen wollen: „Zwischen einer Diktatur und einem Unrechtsstaat bedarf es keiner Differenzierung“ – die DDR sei beides gewesen. „Alles andere ist Geschichtsklitterung“, sagte er einmal. Hirte attestierte der Bundespolitik, „stark westdeutsch“ geprägt zu sein. Sie berücksichtige „häufig nicht hinreichend die Situation in den neuen Bundesländern“. So hätten Menschen im Osten noch stärker als im Westen „die Erwartung an einen starken, handlungsfähigen Staat“.

Der Vorsitzende des Kardinal-Höffner-Kreises – ein Zusammenschluss katholischer Bundestagsabgeordneter aus der Unionsfraktion – bezeichnete einmal Ostdeutschland als Seismographen künftiger gesellschaftlicher Entwicklungen: „Ich vertrete ohnehin die These, dass vieles von dem, was wir in den neuen Bundesländern erleben, nur ein Vorspiel gesamtdeutscher Phänomene ist.“

Kurz nach seiner Berufung zum Ostbeauftragten warb Hirte für einen Dialog auch mit Menschen, die radikale Ansichten vertreten. „In der Politik kann man sich einem Austausch nicht verweigern. Die AfD sitzt jetzt im Bundestag.“ Am Ende gehe es darum, Wähler der AfD zurückzugewinnen.

Für Kritik sorgte 2018 vor allem, dass Hirte sogar Verständnis für die Skepsis vieler Ostdeutscher gegenüber Ausländern äußerte: „Es ist menschlich verständlich, wenn man auf Fremdes aus Angst vor Veränderung zunächst mit Ablehnung reagiert“, sagte er. Die Linkspartei warf ihm daraufhin vor, er stelle die Menschen in Ostdeutschland „als ausländerfeindliche Hinterwäldler“ dar.

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