Maas sieht Gefahr von radikalem Trumpismus Warnung vor dem Geist von Präsident Nummer 45

Berlin · Bundesaußenminister Heiko Maas sieht auch nach der Amtsübernahme durch Joe Biden weiter die Gefahr eines radikalen Trumpismus in den USA.

 Bundesaußenminister Heiko Maas sichert der künftigen US-Regierung unter Joe Biden die Unterstützung Deutschlands und Europas zu.

Bundesaußenminister Heiko Maas sichert der künftigen US-Regierung unter Joe Biden die Unterstützung Deutschlands und Europas zu.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Noch neun Tage. Dann schafft die Wirklichkeit am 20. Januar, zwölf Uhr, neue Fakten. Wohlgemerkt: keine alternativen Fakten. Dann hat die Weltmacht USA mit Joe Biden einen neuen Präsidenten. Präsident Nummer 45, Donald Trump, hat nach dem historisch beispiellosen Sturm seiner Anhänger auf das US-Kapitol nicht nur Teile seiner republikanischen Partei verloren, sondern ihm fehlt inzwischen auch eine wichtige Plattform. Der Kurznachrichtendienst Twitter, über den er lange ungestört von lästigen Nachfragen seine Weltsicht verbreiten konnte, sperrte jetzt Trumps Zugang bei Twitter. In Deutschland begrüßten Außenpolitiker wie der Grünen-Außenexperte Omid Nouripour die Sperrung von Twitter-Konten von Personen, die zur Gewalt aufgerufen hätten.

Begleitet von der Debatte über ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump sortieren sich derweil die Partner in Europa neu. Nach dem beispiellosen Angriff gegen die Demokratie durch Trump-Anhänger spüren die Europäer, dass die künftige US-Regierung ihre Hilfe braucht. Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte dem künftigen US-Präsidenten Biden und dessen Vize-Präsidentin Kamala Harris denn auch die volle Unterstützung im Kampf für Demokratie und gegen Extremismus zu. „Vier Jahre Hass und Hetze haben tiefe Spuren an den Fundamenten der demokratischen Gesellschaft hinterlassen – nicht nur in den USA, auch in Europa“, sagte Maas unserer Zeitung. Trumps kurzsichtige „America First“-Politik habe wichtige Stützpfeiler der internationalen Ordnung untergraben. „Joe Biden und Kamala Harris werden ab dem 20. Januar alle Hände voll zu tun haben, um die Trümmer der Ära Trump zu beseitigen – nach Innen wie nach Außen“, betonte Maas.

Dass Biden und Harris dies gelinge, sei auch im Interesse der Europäer. „Wir müssen bereit sein, sie aktiv zu unterstützen – etwa bei Joe Bidens Plan eines ‚Netzwerks der Demokratien‘, das gut zu unserer ‚Allianz für den Multilateralismus‘ passt“, so der deutsche Außenminister.

Trumps Geist ist dennoch aus der Flasche. Maas sieht denn auch nach der Amtsübernahme von Biden die Gefahr eines radikalen „Trumpismus“ in der amerikanischen Gesellschaft. „Trump verlässt das Weiße Haus, aber nicht die amerikanische Politik. Auch seine radikalisierten Anhänger werden nicht verschwinden“, sagte Maas. „Einige in Washington und im Silicon Valley haben angefangen, ihre Lehren aus der Ära Trump zu ziehen. Auch davon wird abhängen, wie sehr der Trumpismus in den nächsten Jahren die US-Politik weiter mitbestimmt.“ Auch der Trans­atlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer (CDU), betonte ähnlich wie Maas, er „glaube schlicht nicht dran, dass Donald Trump Ruhe geben wird“.

Zu einer möglichen Amtsenthebung Trumps, über die in den USA derzeit diskutiert wird, äußerte sich Maas nicht. Trump dürfte im Falle seiner Amtsenthebung keine öffentlichen Ämter des Bundes mehr bekleiden. Das hieße auch: Er dürfte nicht mehr kandidieren, etwa für die Präsidentschaftswahl 2024. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, erklärte bei Twitter: „Eine Amtsenthebung Trumps wäre an sich das einzig Richtige. Ob es in den wenigen Tagen der restlichen Amtszeit rechtlich noch machbar ist, erscheint mir fraglich.“ Der Vorsitzende der außenpolitischen Denkfabrik Atlantik-Brücke, der frühere Außenminister Sigmar Gabriel, sagte dem Tagesspiegel: „Gegen diesen Ex-Präsidenten wäre eine Anklage wegen Aufwiegelung zum Staatsstreich angemessen“. Trump habe seine Anhänger derart radikalisiert, „dass die Fans weder Mathematik noch Schwerkraft anerkennen“.

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