Grüne stellen Weichen in Richtung Rot-Grün-Gelb Kritik an Renten-Plänen der Ampel

Berlin · Nach der SPD entscheiden sich auch die Grünen für Koalitionsverhandlungen mit Rot und Gelb. An diesem Montag will auch die FDP die Weichen dafür stellen. Die Union findet sich auf dem Deutschlandtag der Jungen Union bereits mit ihrer Oppositionsrolle ab. Rentenexperten üben derweil Kritik am Sondierungsergebnis der Ampel.

Die Zeichen der Ampel über der Reichstagskuppel.

Die Zeichen der Ampel über der Reichstagskuppel.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Drei Wochen nach der Bundestagswahl nehmen SPD, Grüne und FDP weiter Kurs auf eine Ampel-Regierung. Nach der SPD stimmten am Sonntag auch die Delegierten eines Kleinen Parteitags der Grünen für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. An diesem Montag sollen auch die Führungsgremien der FDP die Verhandlungen beschließen, die Parteichef Christian Lindner bereits empfohlen hat. SIe könnten bereits in dieser Woche beginnen.

Die drei Parteien hatten am Freitag ein Ergebnispapier ihrer Sondierungsgespräche präsentiert. Sie wollen unter anderem den Mindestlohn erhöhen, mehr in den Klimaschutz investieren sowie den Kohleausstieg vorziehen und das Rentenniveau bei 48 Prozent halten. Das Papier wurde überwiegend begrüßt, Kritik gab es aber an fehlenden Konzepten zur Finanzierung der Pläne. Rentenexperten vermissen überdies Reformansätze, die die Rentenkasse kurz- und mittelfristig stabilisieren. „Das ist eine enttäuschende Drückebergerei vor der Realität des demografischen Wandels“, sagte etwa der Münchner Rentenforscher Axel Börsch-Supan. „Die Verantwortung wird auf die nächste Legislaturperiode verdrängt“, sagte das Mitglied der letzten Rentenkommission.

„Ich habe den Eindruck, dass die Leute nicht eins und eins zusammen zählen können. Wenn man sagt, wir halten das Rentenniveau bei 48 Prozent, dann ist zum Ende der Legislaturperiode 2024 oder 2025 die Rentenkasse leer“, sagte auch CDU-Rentenexperte Peter Weiß. „Die Ampel muss den Bürgern reinen Wein einschenken und zugeben: die Rentenbeiträge werden deutlich steigen müssen.“ Die geplante Kapitalbildung in der Rentenversicherung bringe „erst mal gar nichts“. Für eine ausreichende Rendite brauche es Jahrzehnte.

Auch Verdi-Chef Frank Werneke sagte bald steigende Rentenbeitragssätze voraus. „Der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung wird erhöht werden müssen, gar keine Frage. Das ist im Bundeshaushalt auch darstellbar. Und es wird steigende Beiträge zur Rentenversicherung geben müssen“, sagte Werneke unserer Redaktion. „Wenn die Menschen vor der Wahl stehen, ob sie 30 Euro im Monat mehr in die Rentenkasse zahlen sollen oder ob sie am Ende eine Rente haben, von der sie nicht auskömmlich leben können, dann weiß ich, dass für sie moderat steigende Rentenbeiträge der bessere Weg sind“, erklärte Werneke.

Auf dem Grünen-Parteitag warben die Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck für Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP. „Wir werden Treiberin großer Transformationsaufgaben sein“, sagte Habeck auf dem Länderrat. Er bitte für eine „Fortschrittsregierung“ um das Mandat. „Wir sind in einer Hoffnungszeit angekommen“, sagte Habeck. Diese Hoffnung dürfe seine Partei nicht enttäuschen, die kurz davor stehe, zum zweiten Mal Teil einer Bundesregierung zu werden.Ein Sondierungspapier sei noch kein Koalitionsvertrag, aber ein Anfang, sagte Habeck, „Noch ist nichts gewonnen. Aber die Chance, dass es ein großer Gewinn wird, für Bündnis 90/Die Grünen, für Deutschland, die ist mit den Händen zu greifen“, so der Parteivorsitzende.

Vor der Entscheidung der FDP-Gremien am Montag warb auch Lindner, der als neuer Finanzminister gehandelt wird, noch einmal für das Ampel-Bündnis. „Im Sondierungspapier sind viele Anliegen der FDP enthalten“, sagte der der „Bild am Sonntag“. Selten habe es eine größere Chance gegeben, Gesellschaft, Wirtschaft und Staat zu modernisieren. Dass Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet und CDU-Politiker Friedrich Merz sich lobend über die Ampel-Beschlüsse geäußert hätten, zeige, „dass Deutschland aus der Mitte regiert würde“, betonte Lindner.

Unterdessen übernahm Laschet auf dem Deutschland-Tag der Jungen Union (JU) in Münster die alleinige Verantwortung für das miserable Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl. „Wir haben ein bitteres Ergebnis erzielt“, sagte er. „Nichts lässt sich schön reden. Die Verantwortung trage ich als Vorsitzender und Kanzlerkandidat.“ Und: „Den Wahlkampf, die Kampagne habe ich zu verantworten und sonst niemand.“

Laschet und andere führende Unionspolitiker zeigten deutlich, dass sie die Union nun in einer Oppositionsrolle im Bund sehen. In der Opposition sei es besonders wichtig, „gemeinsam und einheitlich aufzutreten“ und „klug und intelligent den Finger in die Wunde zu legen“, wenn eine künftige Regierung Fehler mache. Die Frage der künftigen CDU-Führung blieb aber weiter offen. Laschet hatte seinen Rückzug bereits angekündigt. JU-Chef Tilman Kuban deutete an, dass die Nachwuchsorganisation Friedrich Merz nicht als künftigen CDU-Chef ansieht. „Friedrich Merz ist ein kluger Kopf, der sicherlich auch als Berater und als Unterstützer mit dabei sein kann“, sagt Kuban den Sendern RTL/ntv.

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